Frage an Pascal Kober von Nicola Marcus K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Kober,
Mit Erschrecken habe ich heute folgenden Artikel in der TAZ ( http://taz.de/Holocaust-Gedenken-in-Lettland-sabotiert/!89974/ ) gelesen.
Aufgrund unserer historischen Verantwortung in Bezug auf den Holocaust und vieler anderer Verbrechen, die im Namen des „dritten Reiches“ unsererseits zu verantworten sind, ist dieses Geschehnis in Lettland, einem Mitgliedstaat der EU, aus meiner Sicht absolut unvereinbar mit dem demokratischen Freiheitsgedanken, der ja eigentlich in den EU-Mitgliedsstaaten vorherrschen sollte.
Ich finde es sehr bedenklich, wenn Mitgliedsstaaten der EU immer weiter politisch nach rechts rücken!
In wie weit wird sich die FDP politisch (Bundestag) und im Europaparlament dazu äußern?
Im Voraus bedanke ich mich für Ihre Antwort.
mfg
Herr Nicola Marcus Knapp
Sehr geehrter Herr Knapp,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass Vorkommnisse, wie der in dem von Ihnen angeführten Zeitungsartikel beschriebene Gedenkmarsch und die Zerstörung des Kranzes der Vertreter der jüdischen Gemeinde, nicht hingenommen und nicht ignoriert werden dürfen. Auch die Deutsche Bundesregierung hat klargestellt, dass sie weltweit – auch innerhalb der EU – für die Menschenwürde, die Einhaltung der Menschenrechte sowie gegen Antisemitismus eintritt. Als Menschenrechtspolitiker der FDP-Bundestagsfraktion unterstütze ich natürlich die Bundesregierung bei ihrem Einsatz gegen solche Vorkommnisse und Tendenzen nach meinen Möglichkeiten.
Über ihre Botschaft in Riga verfolgt die Bundesregierung solche rechtsextremistischen, antisemitischen und nationalistischen Umtriebe auch vor Ort und steht dazu in Kontakt mit Vertretern der Lettischen Regierung. Dies gilt insbesondere für Einzelvorkommnisse wie den umstrittenen Gedenkmarsch.
Das lettische Außenministerium hat auf den Gedenktag reagiert und sich in einer Unterrichtung der in Riga akkreditierten Botschafter, an der auch Vertreter der Deutschen Botschaft teilnahmen, dazu geäußert. Dabei distanzierte sich die Lettische Regierung von dem Gedenkmarsch und betonte, dass eine Teilnahme von Regierungsmitgliedern an dem Marsch untersagt sei. Der lettische Außenminister Edgars Rinkevics stellte klar, dass Lettland totalitäre Ideologien wie Nationalsozialismus und Stalinismus strengstens verurteile, ebenso wie die von den Nationalsozialisten begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Zeigen von Nazisymbolen stehe daher auch in Lettland unter Strafe. Lettland verurteile aufs Schärfste den Holocaust, beklage dessen Opfer und bleibe der Aufarbeitung verpflichtet.
Der Gedenkmarsch selbst wird jedoch, ebenso wie solche Märsche in Deutschland, durch die Versammlungsfreiheit geschützt. Wie auch in Deutschland lassen Demonstrationen rechtsextremer Gruppierungen aber keine direkten Rückschlüsse auf die freiheitlich-rechtsstaatliche Haltung der Bundesrepublik zu und auch in Deutschland können wir es bisher nicht verhindern, dass es zu solchen Aufmärschen kommt. Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass es solche Tendenzen auch in anderen Ländern gibt.
Natürlich hoffe ich, dass die lettische Gesellschaft dieses Problem ernst nimmt und sich gegen solche Tendenzen zur Wehr setzt. Dies ist jedoch auch eine gesamteuropäische Aufgabe. Nicht nur müssen wir dafür sorgen, dass nationalistische Tendenzen bei uns in Deutschland nicht weiter zunehmen. Wir stehen auch in der Pflicht, unsere europäischen Nachbarn an ihre Verantwortung zu erinnern, dass es zu keinem Rückfall in nationalistische Ideologien kommt und überall, wo uns Nationalismus begegnet, dagegen einzutreten.
Darum stehen in erster Linie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Botschaft in Riga und unsere Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament in ständigem Kontakt mit Vertretern der Lettischen Regierung, weisen Sie wie auch in diesem Fall auf die Problematik hin und bringen unsere Bedenken gegen solche Tendenzen zum Ausdruck.
Ich werde darauf achten, dass die Bundesregierung auch weiterhin wachsam bleibt und solchen gefährlichen Tendenzen in ihrem Anfangsstadium entgegentritt.
Mit freundlichen Grüßen,
Pascal Kober