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Pascal Kober
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Frage von Stephan W. •

Frage an Pascal Kober von Stephan W. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Kober,

ich wurde von Herrn Keisinger, einem Mitarbeiter von Herrn Lindner, mit dieser Frage an Sie als Menschenrechtsbeauftragten der FDP verwiesen.

Die UN-Resolution gegen Korruption: http://www.unodc.org wurde 2003 verabschiedet und bislang von 144 Staaten ratifiziert. Deutschland weigert sich jedoch, die Konvention zu ratifizieren. Wie z.B. auch Saudi-Arabien, der Sudan und Myanmar.

Diese Resolution sieht unter anderem einen vernünftigen Schutz für Menschen vor, die Mißstände und kriminelle Handlungen in ihren Unternehmen aufdecken.

Meine Fragen

1) warum treibt die FDP nicht die Ratifizierung der UN-Resolution voran?
2) warum treibt die FDP nicht im Interesse der Bevölkerung die Einführung eines zeitgemäßen gesetzlichen Schutzes von Whistleblowern auf international üblichem Maß voran? (In Norwegen sind Whistleblower bestens geschützt, Großbritannien hat ein eigenes Whistleblowergesetz. Sogar die USA weiten den Whistleblowerschutz mit dem Whistleblower-Protection-Act, dem Sarbanes-Oxley-Act, der Ausweitung des Fraud-Enforcement-and-Recovery-Act, dem Dodd-Frank-Act und zuletzt dem Food-Safety-Modernization-Act stets aus.)

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Wunsch

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Wunsch,

vielen Dank für Ihre Fragen zur Nicht-Ratifizierung der UN-Resolution gegen Korruption (United Nations Convention against Corruption, UNCAC) durch Deutschland sowie zum Schutz von Whistleblowern.

Zunächst möchte ich festhalten, dass Deutschland bei der Korruptionsbekämpfung im internationalen Vergleich gut dasteht, was natürlich nicht heißt, dass es keinen Verbesserungsbedarf gibt. Jedoch garantiert allein die Unterzeichnung einer solchen Resolution nicht deren Durchsetzung. Dies zeigt auch ein von der Nichtregierungsorganisation Transparency International jährlich veröffentlichter Index, der im Bereich Politik die am wenigsten von Korruption betroffenen Staaten ermittelt. Deutschland lag im Jahr 2009 hierbei auf Platz 6. Ganze 174 weitere Staaten, von welchen einige die UNCAC durchaus ratifiziert haben, lagen dahinter, beispielsweise Frankreich, Russland, Südafrika und China.

Vor einer Ratifizierung der UN-Vorgaben zur Korruptionsbekämpfung müsste jedoch zunächst einmal genau festgelegt werden, was ein Bundestagsabgeordneter als Teil seiner Mandatsausübung tun und lassen darf. Voraussetzung für die konsistente Ratifizierung der UNCAC durch Deutschland wäre somit eine Reform der Strafvorschrift des § 108e StGB. Bevor man eine Verschärfung dieser Norm zur Abgeordnetenbestechung fordert, muss man jedoch die sich bietenden rechtstechnischen Möglichkeiten bedenken.

Dabei stellt man schnell fest, dass es keine schnelle und einfache Lösung gibt, wie es vielleicht scheinen mag. Denn einer Ausdehnung des bestehenden Straftatbestandes zur Abgeordnetenbestechung müsste zunächst eine Festlegung eines Pflichtenkreises für Abgeordnete vorausgehen. Sonst wäre unklar, bei welcher Handlung ein Rechtsverstoß vorläge. Eine solche Festlegung widerspräche aber dem Grundsatz des freien Mandats. Bislang liegt kein plausibler Vorschlag für eine verfassungsfeste Umsetzung vor.

Schwierig ist hierbei vor allem die klare Trennung zwischen der Interessenwahrnehmung im Wählerauftrag und korrumptivem Verhalten im engeren Sinne. Ein Tatbestand jedenfalls, wie ihn Grüne und Linke in den letzten Jahren gefordert haben, wäre wegen fehlender Klarheit verfassungsrechtlich angreifbar, denn er müsste mit vielen unbestimmten Rechtsbegriffen arbeiten. Bereits öffentliche und bislang legale Spenden für die Arbeit eines Abgeordneten könnten begrifflich zum Problem werden. Es ist schlicht nicht möglich, Abgeordnete strikt und objektiv nur dem Allgemeinwohl unterwerfen zu wollen, da es ein solches nicht gibt, höchstens einen Durchschnitt aller Einzelinteressen. Die Folge wäre, dass wir Abgeordnete bei der Verfolgung eines Durchschnittsinteresses keine Schwerpunkte in unserer Arbeit setzen und bestimmte Interessengruppen vertreten dürften. Wir wollen eine ebenso sachgerechte wie vernünftige Lösung finden, die dem Verfassungsverständnis vom deutschen Abgeordneten entspricht. Auch wenn es für diesen Sachverhalt keine einfache Lösung gibt, wird sich die FDP-Bundestagsfraktion diesem Thema natürlich nicht verweigern.

Außerdem haben Sie mir die Frage gestellt, warum die Einführung eines gesetzlichen Schutzes von Whistleblowern, auf deutsch Informantenschutz für Arbeitnehmer, nicht vorangetrieben wird. Die Rechte von Arbeitgebern und -nehmern sind in Deutschland durch das Arbeitsrecht geregelt. Einzelfallgesetze, beispielsweise zum Schutz von Whistleblowern, sehe ich skeptisch. Die Schwierigkeit bei dieser Thematik besteht darin, dass Treuepflichten von Arbeitnehmern mit ihren Pflichten als Staatsbürger zur Aufdeckung von Gesetzesverstößen kollidieren können. Dabei stellt sich immer auch die Frage der Verhältnismäßigkeit, Missstände sollten schließlich nicht ohne Anlass publik gemacht werden. Und es darf nicht vergessen werden, dass auch mit dem Informantenschutz Missbrauch getrieben werden kann. Bei der Suche nach Lösungen müssen wir daher die Bedürfnisse sowohl von Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern in Einklang bringen. Selbstverständlich dürfen Whistleblower nicht in einen rechtsfreien Raum fallen, gleichzeitig muss der Missbrauch des Whistleblowerschutzes verhindert werden. Sollte dieses Thema wieder auf die politische Agenda kommen, wird sich die FDP in diesem Sinne für eine ausgewogene Lösung einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen,

Pascal Kober

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