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Frage von Erich H. •

Frage an Ottmar Schreiner von Erich H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Werter Herr Schreiner,

in den USA und in England vergrößerte sich der Abstand zwischen ARM und REICH beträchtlich, trotzdem stieg dort das Einkommen der unteren Bevölkerungsgruppen um 25% und 20%.
Warum ist dies bei uns nicht möglich?
Wir haben noch einige Staatsbetriebe. Z. B die Post, Telekom und die Bahn ist noch ganz in Staatshand.
Warum haben hier die Parteien nicht darauf hingearbeitet, dass es ein vernünftiges Verhältnis beim Facharbeiterlohn und beim Vorstand gibt?
Habe eine alte Lohntabelle einer Porzellanmanufaktur gefunden. Der beste Handwerker (Malermeister uns Skulpteur) verdiente 2000 Thaler, der Direktor 1500 Thaler und der Ungelernte 200 Thaler im Jahr. Literatur Köllmann - KPM - Porzellan).
Worin sehen Sie die Begründung in der Entwicklung der Gehälter?

Mit freundlichen Grüßen

E. Humplik

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Humplik,

vielen Dank für Ihre Frage. Ihre Zahlenbeispiele finde ich sehr interessant und kann ihnen weitere hinzufügen: Verdiente ein Manager 1996 noch das 19-fache eines Facharbeiters in seinem Betrieb, so erhielt er zehn Jahre später schon den 44-fachen Betrag. Deutschlands Manager sind die bestbezahlten in Europa. Bei den Arbeitnehmern sieht es ganz anders aus: Obwohl die Brutto-Löhne und -Gehälter im Boomjahr 2007 mit im Durchschnitt 2,2 Prozent stärker wuchsen als im Jahr zuvor, verblieb den Arbeitnehmern davon nichts, da die Lebenshaltungskosten um den gleichen Prozentsatz gestiegen waren..

Diese Zustände kritisiere ich schon seit langer Zeit, ebenso lange weise ich darauf hin, wie sehr die Politik an der Öffnung der Schere zwischen arm und reich beteiligt war. In Deutschland ist durch die Deregulierung des Arbeitsmarktes der Niedriglohnsektor enorm gewachsen: Im Jahr 2006 war mehr als jede/r Fünfte gering bezahlt! Die (angebliche) Hoffnung, auf diese Weise würden neue Arbeitsplätze geschaffen, hat sich als trügerisch erwiesen, was sich nicht erst im Abschwung zeigt. Niedrige Löhne schaffen keine neue Beschäftigung, sie vermindern nur die Binnennachfrage -- und vernichten somit weitere Arbeitsplätze.

Was wir brauchen, ist unter anderem ein gesetzlicher Mindestlohn, eine Austrocknung des Niedriglohnsektors, eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze und eine Mindestrente. Auf diese Weise werden die Einkünfte der armen Bevölkerungsschichten zumindest auf ein Niveau gehoben, auf dem ein menschenwürdiges Leben möglich ist. In Großbritannien gibt es bereits einen gesetzlichen Mindestlohn, der durchweg positive Auswirkungen gezeigt hat. Auch ein Ende der Privatisierungswelle halte ich für wünschenswert, allerdings nicht nur, um das Lohnniveau zu sichern, sondern auch, weil die öffentlichen Dienstleistungen der Gesellschaft nützen sollen -- und nicht den Aktionären.

Mit freundlichen Grüßen,

Ottmar Schreiner