Frage an Ottmar Schreiner von Rico H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Schreiner,
innerhalb dieses Forums betonen Sie immerwieder,
1. daß sie Mitglied der SPD bleiben wollen, weil Ihnen die SPD wichtig ist,
2. daß Sie eine Verbesserung der Lebenslage der von Armut betroffenen Menschen innerhalb des bestehenden Systems anstreben,
3. deshalb ein Bedingungsloses Grundeinkommen ablehnen, und
4. stattdessen einen Mindestlohn fordern, von dem kein Mensch leben kann!
Ist Ihnen Ihre Partei wichtiger als Ihre Wähler?
Mit Blick auf Punkt 2 - lehnen Sie das formulierte Ziel der SPD, nämlich die Schaffung des Sozialismus ab?
Wieso haben Sie kein Problem mit arbeitsfreien Einkommen der Superreichen, aber eins mit dem für die Armen? (bei Ihrer Kritik zur Finanzierung des BGE beschränken Sie sich auf die Konzepte von Götz Werner und Althaus, ignorieren aber die vielen linken Konzepte)
Hier mal was zum Nachdenken:
"Seit meinem vierzehnten Lebensjahr bin ich Sozialist. Seit 1914 nicht mehr. Seitdem die Kommunisten das sagen und verfolgen, was früher die Sozialdemokraten tun wollten, aber nicht getan haben, bin ich Kommunist." Heinrich Zille
Wie ich finde aktuell wie nie!
G.Schröder sagte einmal "Es gibt kein Recht auf Faulheit!" . Diese These ist schon 1883 widerlegt worden, hier der Link:
http://www.anarchie.de/main-14024.html
Ich hoffe es fehlt Ihnen nicht an Bereitschaft, Ihre genannten Positionen zu überdenken. Angesichts der aktuellen Umfragewerte glaube ich, Sie werden sonst mit den Seeheimern untergehn ....
Mit allerbesten Wünschen
Rico Haaske
Sehr geehrter Herr Haaske,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Wenn Sie meine Antworten in diesem Forum ausführlich lesen, werden Sie sicherlich feststellen, dass ich keineswegs den Mindestlohn als einziges Mittel zur Verbesserung der Situation der von Armut betroffenen Menschen fordere, sondern auch eine Erhöhung des Regelsatzes u.ä. Natürlich ist es schwierig, aus den Antworten zu Einzelfragen ein „Konzept“ herauslesen zu können, daher möchte ich Sie auf mein soeben erschienenes Buch „Die Gerechtigkeitslücke – Wie die Politik die Gesellschaft spaltet“ hinweisen, in dem ich meine Positionen und Alternativvorschläge ausführlich dargelegt habe.
Die Frage nach dem Grundeinkommen möchte ich Ihnen aber an dieser Stelle beantworten: Ich lehne auch die linken Grundeinkommensvorstellungen ab. Zum einen, weil ich nicht der Meinung bin, dass zu wenig Arbeit vorhanden ist, über Wachstum und Qualifizierung sowie Arbeitszeitverkürzung und einen öffentlichen Beschäftigungssektor können Arbeitsplätze geschaffen werden. Zum zweiten halte ich es für gefährlich, die Arbeitslosen- und Rentenversicherung zugunsten eines Grundeinkommens abzuschaffen – eine konservative oder liberale Mehrheit könnte das Grundeinkommen auf den heutigen ALG II-Satz absenken, was einer weitgehenden Demontage des Sozialstaates entspräche. Schließlich halte ich auch eine gewisse Lebensstandardsicherung, wie sie die derzeitige Arbeitslosen- und Rentenversicherung (wenngleich in geringerem Umfang, was ich kritisiere) bietet, für sinnvoll.
Mit freundlichen Grüßen,
Ottmar Schreiner