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Frage von Wolfgang M. •

Frage an Ottmar Schreiner von Wolfgang M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Guten Tag Herr Schreiner,

gestern habe ich mit großem Interesse die Diskussion mit Herrn Schröder verfolgt. Erschreckt hat mich, wie er mit einer Kälte und Arroganz seine Hartz 4 Reformen verteidigt. Er fand es als gerecht an, dass normale Menschen die ihr ganzes Arbeitsleben für das Alter gespart haben, diese falls der Fall der Fälle, ALG2 eintritt, erst verbraten werden muß. Auch in diesem Fall war Herr Schröder wieder sehr schlecht informiert und hat für mich wieder bewußt gelogen. Die Beispiele, der Sozialsysteme der Länder, welche er anführte stimmten in keinster Weise mit der Wirklichkeit überein, selbst in USA lassen die Behörden die Finger von der Altersversorgung.

Ich bin vor kurzem auf folgenden Fall gestoßen. Einem knapp 18 jähriger Schüler, mit einem nicht gerade überragenden Notendurchschnitt (Faulheit), bekam von der Arbeitsagentur mehrere Ausbildungsverhältnisse angeboten. Aufgrund der mangelnden Motivation kam es bis heute zu keinem Ausbildungsvertrag. Ab nächsten Monat ist dieser junge Mann in der ARGE "Junges ******" geparkt. Das bedeutet, da er sich seit kurzem in einem eigenen Hausstand befindet, er bekommt ALG 2. Ein Mitbürger/in, welche(r) z.B. bis zum 55 Lebensjahr gearbeitet hat, ein paar Euro für die Altervorsorge/Lebensversicherung ansparte, muss zuerst alles "versilbern" bevor überhaupt ein Euro vom Staat zugeschossen wird. Auf der einen Seite predigt die Politik -Sparen für das Alter-, auf der anderen Seite wird die private Altersvorsorge abgenommen und das ganze Problem bei zu knapper Rente auf die Sozialhilfe im Alter verschoben. Nicht einmal die Länder, welche den Wählern immer wieder als Beispiel in der Sozialpolitik aufgezählt werden, greifen die Rentenfonds, Versicherungen, Konten für die Altersvorsorge an. Ich finde es ungeheuerlich und eine menschenverachtende Politik, dass Mitbürger, die das ganze Leben gearbeitet haben, bei einer Arbeitslosigkeit einige Jahre vor der Rente alles genommen wird. Der Selbstbehalt ein "Witz" und geringer als das, was ein Herr Eichel im Monat an Pension bekommt. Wer bisher noch nie gearbeitet hat und evtl. in der 2. oder 3. Generation von Sozialhilfe lebt oder gelebt hat, muss den Normalbürger für dumm halten. Nie gespart/vorgesorgt und doch gewonnen!!!

"Wer fürs Alter spart ist selbst schuld", Kommentar in der Süddeutschen Zeitung und in der FAZ. Ich persönlich bin für mehr Eigenverantwortung, wehre mich allerdings dagegen, welche Maßstäbe im Bereich der Altersvorsorge getroffen/angewandt werden. Von Ihren Politiker Kollegen wird z.B. die Riesterrente als unangreifbar hingestellt. Für über 50 jährige ist diese Aussage ein Hohn. Diese Generation konnte in die Riesterrente bis heute nur Peanuts ansparen. Des weiteren interessiert mich Ihr Standpunkt, was Sie von einem Gesetz gegen die Altersdiskriminierung halten. Die USA leben z.B. sehr gut damit. Werden Sie diesen Umstand nach der Wahl ändern? Mit Spannung erwarte ich Ihre Antwort.

Mit freundlichem Grüssen
Wolfgang Minnig

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Minnig,

für Ihr Interesse an meinen Positionen bedanke ich mich. Wie Sie vielleicht wissen, habe ich mich bis zuletzt für Änderungen beim sog. Hartz IV-Gesetz eingesetzt und im Bundestag gegen das jetzt geltende Gesetz gestimmt, da ich die massiven Verschlechterungen, die es für viele – und insbesondere für ältere Arbeitslose - bedeutet, nicht mittragen konnte.

Ich plädiere seit langem dafür, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG I) an die Beitragsjahre gekoppelt, die Anspruchsdauer also je nach Beitragsjahren gestaffelt wird. Dadurch würden Arbeitslose, die lange in die Versicherung einbezahlt haben, auch länger Arbeitslosengeld erhalten. Es ist nicht akzeptabel, dass Menschen nach jahrzehntelanger Beitragszahlung innerhalb eines Jahres auf Sozialhilfeniveau fallen. Im Juli wurde mit den Stimmen der Abgeordneten von SPD und Bündnis90/Die Grünen zumindest eine Verlängerung der Übergangsfrist für ältere Arbeitnehmer bis zum 31.01.2008 bei der Bezugsdauer des ALG I beschlossen. Doch selbst diese Verbesserung wird von CDU/CSU und FDP im Vermittlungsausschuss blockiert.

Der Freibetrag für Altersvorsorge, der beim Arbeitslosengeld II nicht angerechnet wird, muss deutlich erhöht werden, um Altersarmut zu vermeiden. Für ältere Menschen ist es unerheblich dass Riester-Anlageformen als Schonvermögen gelten, da Riester-Verträge für sie in der Regel nicht mehr sinnvoll sind. Auch darin stimme ich mit Ihnen überein. Es ist geradezu widersinnig, dass jemand sein nachweislich für das Alter Erspartes noch kurz vor der Rente aufbrauchen muss, um dann erneut von staatlichen Transferleistungen abhängig zu sein.

Dringender Korrekturbedarf besteht bei dem sog. Hartz IV-Gesetz zudem bei folgenden Punkten:
-Es darf nur Arbeit zumutbar sein, die nach Tarif- oder ortsüblichem Lohn bezahlt wird.
-Die Regelsätze müssen erhöht und der Lebenswirklichkeit angepasst werden.
-Beim § 428 SGB III („58er Regelung“) ist dem Vertrauensschutz Rechnung zu tragen.
-Die Anrechnung von Partnereinkommen muss sich stärker an den bisherigen Regelungen der Arbeitslosenhilfe orientieren.
-Lohndumping durch Arbeitsgelegenheiten (1-Euro-Jobs) muss eingestellt werden.

Für diese Änderungen werde ich weiterhin kämpfen.

Zu Ihrer Frage, ob wir gesetzliche Regelungen gegen Alterdiskriminierung brauchen, möchte ich auf das von SPD und Grünen im Bundestag verabschiedete Antidiskriminierungsgesetz verweisen. Mit diesem Gesetz und seinem Ansatz der sozialen Eingliederung wird allen Bestrebungen eine Absage erteilt, die die Arbeitslosigkeit dadurch verringern wollen, dass bestimmte Gruppen (z.B. Frauen, Ältere, Menschen mit Behinderungen) aus dem Erwerbsleben verdrängt werden. Auch dieses Gesetz wird von Union und FDP im Bundesrat blockiert. Es ist schon absurd, dass diejenigen, die das Antidiskriminierungsgesetz ablehnen und damit auch Altersdiskriminierung weiter hinnehmen, gleichzeitig dafür plädieren, das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Tatsache ist, dass die wenigsten Arbeitnehmer heute noch die Chance erhalten bis zum Eintritt in die Rente zu arbeiten. Hier ist dringend ein Umdenken der Wirtschaft notwendig, die erkennen muss, welchen Wert ältere Arbeitnehmer in den Unternehmen haben. Wenn dieses Umdenken nicht freiwillig erfolgt, bin ich für gesetzliche Regelungen.

Mit freundlichen Grüßen
Ottmar Schreiner