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Frage von Sven S. •

Frage an Ottmar Schreiner von Sven S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Schreiner
Mit vollen Entsetzen las ich einen Artikel das der Sozialstaat nun
vollends abgeschafft werden soll. Hartz 4 soll abgeändert in Workfare
werden.

"Workfare soll´s nun richten. Mit diesem System, in dem man aber
"Fördern" ganz streichen will, sollen nun diese Kosteneinsparungen erzielt
werden. Grundvoraussetzung ist hierbei die Abschaffung des
Sozialstaatsgebotes aus dem Grundgesetz. Die Grundsicherung für
Erwerbsfähige Arbeitslose soll dann nur noch gezahlt werden, wenn
Bedürftige dafür unentgeltlich dort arbeiten, wo das Amt sie hinschickt.
Als Basis sollen die bisherigen 1€ Jobs dienen, wobei die
Mehraufwandsentschädigung, die ihnen diesen Namen gab, Ersatzlos
gestrichen und diese Jobs ohne Beschränkungen überall vergeben werden
sollen - auch bzw. gerade in der Privatwirtschaft.

D.h. also: sozialversicherungspflichtige Angestellte die entlohnt werden
müssen, können ganz legal durch Arbeitsdienstverpflichtete
Grundsicherungsempfänger ersetzt werden. Arbeitsdienstverpflichtete
Grundsicherungsempfänger werden so zu Arbeitnehmern ohne
Arbeitnehmerrechte deren "Lohn", die Grundsicherung, vom Staat bezahlt
wird. 100% Subventionen für Arbeitgeber, bestmögliche Profitmaximierung.
Das Ziel: eiskalter Kapitalismus nach dem Grundsatz: friss oder stirb.
(20.06.2008)"

Nun meine Frage.
Haben sie von dieser Idee gehört und wenn ja was ist ihre Meinung herzu?
Mit freundlichen Gruß
Sven Szczepanski

Quelle:
http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_53848/DE/Presse/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2008/05/20082905__PM20.html?__nnn=true
Pressemitteilungen29.05.2008

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Szczepanski,

vielen Dank für Ihre Frage. Die Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums, aus denen Sie ihre Informationen ziehen, bezieht sich auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, es geht dabei nicht um konkrete Beschlüsse des Bundestages. Insbesondere die Abschaffung des Sozialstaatsgebots aus dem Grundgesetz steht überhaupt nicht zur Debatte.

Dennoch gehen die Vorschläge des Gutachtens leider in die Richtung, die durch die Hartz-Reformen bereits eingeschlagen wurde – und gegen die ich schon seit Langem kämpfe. Alle Ansätze, die zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auf Lohnsubventionierung setzen, gehen davon aus, dass die Arbeitslosigkeit durch zu hohe Löhne verursacht wurde. Die massenhafte Ausbreitung des Niedriglohnsektors in Deutschland in den letzten Jahren hat jedoch gezeigt, dass diese Annahme falsch ist: Nicht neue Arbeitsplätze wurden geschaffen, sondern bestehende sozialversicherte Beschäftigungsverhältnisse in prekäre umgewandelt – und dies auch noch staatlich subventioniert.

Ich trete für eine Abschaffung dieser Lohnsubventionen an Unternehmen durch die Allgemeinheit ein. Stattdessen muss ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden, der den Beschäftigten ein Leben in Würde und ohne materielle Abhängigkeit gewährleistet.

Mit freundlichen Grüßen,

Ottmar Schreiner