Frage an Ottmar Schreiner von Dr. Andreas S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Schreiner,
vor ein paar Tagen bin ich aus der SPD ausgetreten und habe damit alle meine ehrenamtlichen Mandate, auch im Landesvorstand der AfA-Brandenburg sowie den AfA-Vorsitz im UB Barnim, niedergelegt. Konkret: Ich konnte die Unglaubwürdigkeit dieser Partei einfach nicht mehr ertragen.
Deshalb muss ich Sie jetzt wohl leider wieder siezen...
Mir geht es nicht in den Kopf, weshalb Sie sich dazu hinreißen ließen, für den Lissabon-Vertrag zu stimmen? Zum Thema haben Sie ja bereits am 24.04.08 auf die Frage von Ali Avci geantwortet. Diesbezüglich sind Ihre Argumente, weshalb Sie dafür gestimmt haben, für mich eher vorgeschoben und alles andere als schlüssig. Denn die sozialen Verwerfungen mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages überwiegen eindeutig gegenüber den wenigen Vorteilen. Und da stehe ich nicht allein mit meiner Meinung, sondern diese wird von den Gewerkschaften geteilt.
Auf der diesjährigen AfA-Bundeskonferenz wurde ein eindeutiger Beschluss gegen den EU-Vertrag von Lissabon verabschiedet.
Weshalb fühlen Sie sich als AfA-Bundesvorsitzender diesem Votum nicht verpflichtet? Oder anders gefragt: Was sind dann die Beschlüsse der vielen aufrechten Genossinnen und Genossen der AfA dann überhaupt noch wert? Wie ernst soll denn die von der Parteiführung ohnehin nicht ganz ernstgenommene AfA dann überhaupt noch Ernst genommen werden, wenn ihr Vorsitzender bei solch wichtigen Abstimmungen seine Basis, bitte verzeihen Sie mir die Wortwahl, verrät?
Sehr geehrter Herr Steiner,
es tut mir leid zu hören, dass Sie aus der SPD ausgetreten sind und auch bei der AfA nicht weiter aktiv sind.
Meine Zustimmung zum Vertrag von Lissabon habe ich – wie Sie ja ansprechen – in meiner Antwort an Herrn Avci begründet. Leider wird aus Ihrer Kritik für mich nicht klar, warum ich diese Argumente vorgeschoben haben sollte oder was daran nicht schlüssig ist. Der Vertrag wird keine neuen sozialen Verwerfungen bringen, er führt – wie gesagt – im sozialen Bereich hauptsächlich fort, was auch jetzt schon Vertragsgrundlage ist. Eine Ablehnung würde die Situation demnach nicht verbessern, sondern auch die kleinen Fortschritte verhindern.
Auch in den Gewerkschaften gab und gibt es verschiedene Stimmen zum Vertrag von Lissabon. Der Wunsch nach einem sozialeren, friedlicheren und demokratischen Europa ist der gleiche, die Frage ist jedoch die nach der besten Strategie, dieses zu erreichen. Meines Erachtens – und darin stimme ich mit den Gewerkschaften überein – muss es jetzt darum gehen, die Diskussion zu intensivieren, wie ein soziales Europa aussehen könnte, welche konkreten Schritte (soziale Fortschrittsklausel etc.) auf diesem Weg notwendig sind etc. Diese Diskussion möchte ich auch innerhalb der AfA führen, um auf dieser Grundlage zu einer fundierten Stellungnahme zu kommen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ottmar Schreiner