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Ottmar Schreiner
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Frage von Norbert K. •

Frage an Ottmar Schreiner von Norbert K. bezüglich Soziale Sicherung

Hallo Herr Schreiner

1.) Warum muss die Solidargemeinschaft der Rentenbeitragszahler allein für den sog. West-Ost Transfer" in der DRV aufkommen , obwohl dies eindeutig eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist ?!
( Der West-Ost Transfer" ist die Differenz zwischen den Rentenzusagen der Politik an die sog. "DDR"Rentner und den aktuellen Rentenbeitragseinnahmen "Ost" )

2.) Unter welcher Posten (Bezeichnung) in der DRV werden die Renten der deutschstämmigen Aussiedler aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion und des Ostblock geführt und welche Finanzierungshöhe hat dieser Posten . Wer bezahlt diese Rentenzusagen . Mit welchen Staaten aus diesem Gebiet hat die Bundesregierung ein Rentenabkommen ?

3.) Welche Leistungen zählt die Bundesregierung/DRV zu den sog.
"Versicherungsfremden Leistungen" ( dem kein Beitrag gegenüber steht) , und in welcher Höhe werden diese Einzelposten aus dem Bundeshaushalt bezuschusst ?

Norbert Kandziora
BRR Bündnis für Rentenbeitragszahlern und Rentner e.V.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kandziora,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 13. November 2007. Alle Ihrer Fragen zielen darauf ab, die Konstruktion der DRV auf ein rein beitragsfinanziertes Versicherungssystems nach dem Kapitaldeckungsverfahren zu reduzieren. Sie lehnen indirekt die Rentenzahlungen an die von Ihnen genannten Personengruppen aus der ehemaligen DDR und der ehemaligen Sowjetunion als versicherungsfremde Leistungen ab. Die DRV wurde aber nicht so konzipiert, dass sie sich allein aus ihren Einnahmen wie bei Privatversicherungen finanzieren musste. Sie bekam daher auch bereits vor der deutschen Einheit Bundeszuschüsse in Milliardenhöhe aus Steuermitteln.

Zuerst möchte ich darauf hinweisen, dass die Abgrenzung, was versicherungsfremd und was versicherungskonform ist, schwierig ist. Der Grund für diese Abgrenzungsschwierigkeiten liegt auch in dem erweiterten Sicherungsauftrag der Sozialversicherung (Sozialer Ausgleich). In der Rentenversicherung werden Anrechnungszeiten (z.B. für Ausbildung: Schul-, Fachhochschul- bzw. Hochschulbesuch); Kriegsfolgelasten (z.B. beitragsfreie Ersatzzeiten wegen Kriegsgefangenschaft oder Flucht); Familienlastenausgleich (z.B. Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung und die Kindererziehungsleistungen an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921); sozialpolitische Korrektur der Fakten (z.B. Rente nach Mindesteinkommen, bei der niedrige Beiträge auf einen Mindestwert angehoben werden); rentenrechtliche Absicherung der Arbeitslosigkeit; die von der Rentenversicherung gezahlten Auffüllbeträge sowie Renten- und Übergangszuschläge zu Renten in den neuen Bundesländern; Renten an Aussiedler; Ausgleich von NS-Unrecht als versicherungsfremde Leistungen angesehen. Diese Leistungen sind aber nur im engeren Sinne, d. h. im Sinne des sog. Äquivalenzprinzips, versicherungsfremd, aber nicht im Sinne des Solidarprinzips.

Die gesetzliche Rentenversicherung beruht auf den Grundprinzipien von Äquivalenz und Solidarität. Das Äquivalenzprinzip sichert ein individuell angemessenes Verhältnis von erbrachter Leistung (Beiträge) und Gegenleistung (Rente), worauf Sie in Ihrem Schreiben anspielen. Das Solidarprinzip wiederum orientiert sich am gesamtgesellschaftlichen Risikoausgleich. Die gesetzliche Rentenversicherung nimmt somit Aufgaben wahr, die aus dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes erwachsen und allgemeinstaatlicher Natur sind. Im Gegensatz zu kapitalgedeckten Privatversicherungen ist der soziale Ausgleich eine konstitutive Säule der gesetzlichen Rentenversicherung. Bestimmte sozialpolitische Aufgaben wie die Regelung der Rentenansprüche von Aussiedlern, Übersiedlern oder von den Bürgerinnen und Bürgern der ehemaligen DDR sind in diesem Zusammenhang zu verstehen. Sie setzen nicht zwingend bilaterale Vereinbarungen mit einem anderen Staat voraus. Diese Ziele werden einzig und allein aus den innenpolitischen Beweggründen vorgenommen.

Mit freundlichen Gründen

Ottmar Schreiner