Frage an Ottmar Schreiner von Gundhardt L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Schreiner,
einleitend möchte ich Ihnen sagen, dass Sie für mich immer als Bundestagsabgeordneter (insbesondere in der Schröder-Regierung) die sozialen Schwerpunkte standhaft vertreten haben und für mich immer so etwas wie der soziale Charakter der SPD waren und sind, oftmals auch standhaft gegen Ihre eigene Partei.
Insbesondere haben Sie sich auch in den Medien/Talk-Shows (z.B. Christiansen oder Hart aber Fair) für sozial Schwache, Gerechtigkeit, Einhaltung der verfassungsmäßigen Rechte und Rechtsstaatlichkeit eingesetzt und als aktiver Sozialpolitiker präsentiert. Meine Hochachtung !!!
Sie sind durch mehrere Fragesteller im Abgeordnetenwatch auf das Thema DDR-Flüchtlinge, FRG und die angewendete Praxis der DRV Bund angesprochen worden (siehe Ingrid Holdefleiß, Eberhard Sonntag und Lothar Gebauer). Leider haben Sie bisher auf keine dieser Fragen geantwortet. Da mich die geschilderte Thematik der o.g. Fragesteller ebenfalls betrifft, würde ich mich freuen, wenn Sie dieses Thema aufgreifen und den Betroffenen eine Antwort geben.
So viel kurz zu meiner Peson:
Ich bin anerkannter DDR-Flüchtling (C-Ausweis) und seit 06.07.2005 nach dem Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) Verfolgter im Sinne des § 1 Abs. 1. Ich hatte in der DDR nach Antragstellung als Dipl.-Ing. drei Jahre Berufsverbot. Seit nun mehr als fünf Jahren gibt es Widerspruch gegen Bescheide der BFA bzw. DRV Bund. Noch im Jahre 2006 teilte mir die DRV Bund mit, dass mein Widerspruch von der Widerspruchsstelle nicht bearbeitet werden kann, da der Bescheid vom 17.01.1991, mit dem die festgestellten Beitragszeiten in der DDR noch nach dem Fremdrentengesetz berücksichtigt wurden, noch nicht aufge-hoben wurde. Bis heute liegt mir kein Auhebungsbescheid vor.
Aufgrund dieser unverschämt langen Bearbeitungszeit habe ich beim Sozialgericht Gießen Klage eingereicht. Ich würde mich aber sehr freuen, wenn Sie in meiner Sache mit mir ins Gespräch kommen würden. Vielen Dank und freundliche Grüße.
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre zahlreichen Anschreiben im Zusammenhang mit der unzulässigen Anwendung der RÜG-Gesetze für die Rentenansprüche der Altübersiedler. Sie haben mich durch Ihre Anfragen auf eine gesetzliche Schieflage im Zusammenhang mit den Rentenansprüchen ehemaliger DDR-Übersiedler, die zwischen 1971 und 1989 nach Westdeutschland übergesiedelt waren (Altübersiedler), aufmerksam gemacht. Meines Wissens wurden über diese Website auch andere Kollegen angefragt, auch in anderen Fraktionen. Es scheint sich also um ein Problem allgemeineren Charakters zu handeln.
Das RÜG war seinerzeit dafür geschaffen worden, die Rentenbelange der Bürgerinnen und Bürger des Beitrittsgebiets nach der Wiedervereinigung zu regeln. In den erwähnten Anfragen wird mir aber geschildert, dass dieses Instrumentarium auch dazu genutzt wird, rückwirkend in die Rentenanwartschaften der Altübersiedler einzugreifen. Diese sind doch aber, wie wir wissen, bereits vor dem Fall der Mauer über Eingliederungsverfahren Bürger der alten Bundesrepublik geworden. Ihre DDR-Erwerbsbiografien waren durch diese Transformation zu bundesdeutschen Rentenanwartschaft geworden. Die Anwartschaften der Altübersiedler waren damit im westdeutschen Sozialversicherungssystem bereits fest verankert, als im Bundestag die Gesetze zum Beitritt der DDR debattiert und beschlossen wurden.
Meines Erachtens bietet das RÜG keine Grundlage dafür, gefestigte Rechtspositionen von Bundesbürgern rückwirkend noch einmal zur Disposition zu stellen. Die rückwirkende Anwendung des RÜG (insb. § 256a in Verbindung mit § 259a SGB VI) auf die FRG-gestützten Rentenanwartschaften der Altübersiedler bedeutet einen Paradigmenwechsel, der für die meisten von ihnen, insbesondere für die Hochqualifizierten unter ihnen, mit einer immensen Einbuße einhergeht.
Ich habe im Übrigen den Eindruck, dass es sich hier um eine zahlenmäßig gar nicht so große Gruppe handelt.
Diese Ungerechtigkeit ist auch angesichts der vergleichsweise höheren Rentenansprüche der Angehörigen des SED-Unrechtssystems nicht hinnehmbar, zumal eine rechtliche Grundlage für eine Umbewertung der Rentenanwartschaften vom FRG auf das RÜG nicht vorhanden ist.
Aufgrund dieser Umstände habe ich zwei der betroffenen Anfrager unter Ihnen zu mir eingeladen und sie angehört. Nach dem Gespräch wurde mir die falsche Handhabung beider Gesetze (RÜG und FRG) zunehmend klarer.
Bemerkenswert ist auch die Reaktion der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion in diesem Zusammenhang. Die Bundesregierung umgeht den Sachverhalt und versucht die einmal getroffenen Fehlentscheidungen um jeden Preis zu verteidigen und nicht zurückzunehmen. Ihre Antwort auf die kleine Anfrage der FDP-Fraktion (vgl. Drs. 16/5571) dokumentiert leider diesen fehlenden Willen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe dieses Anliegen an die für rentenpolitischen Fragen zuständige Abgeordnete in meiner Fraktion mit der Bitte weitergeleitet, die Betroffenen bei einem Treffen anzuhören und nach Möglichkeiten zu suchen, diese Ungerechtigkeit zu beseitigen.
Mit freundlichen Grüßen
Ottmar Schreiner