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Ottmar Schreiner
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Frage von jan M. •

Frage an Ottmar Schreiner von jan M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schreiner,

was halten Sie von den neusten Äusserungen ihres SPD Kollegen Thilo Sarrazin ?

hier seine heutigen Äusserungen bei spiegel.de

Es gebe auch das Problem, "dass 40 Prozent aller Geburten in der Unterschicht stattfinden", und sie füllten die Schulen und die Klassen. Zudem gebe es in Berlin stärker als anderswo das Problem "einer am normalen Wirtschaftskreislauf nicht teilnehmenden Unterschicht", meinte Sarrazin. "Wir müssen in der Familienpolitik völlig umstellen: weg von Geldleistungen, vor allem bei der Unterschicht."

Sarrazin plädierte auch für eine Änderung bei der Wirtschaftsansiedlung: "Die Medien sind orientiert auf die soziale Problematik, aber türkische Wärmestuben können die Stadt nicht vorantreiben", meinte der Berliner Ex-Senator. "Ich würde einen völlig anderen Ton anschlagen und sagen: Jeder, der bei uns etwas kann und anstrebt, ist willkommen; der Rest sollte woanders hingehen."

Ich finde der Tatbestand der Volksverhetzung ist hier gegeben und gehört nach meiner Meinung nach angezeigt.

Wie ist Ihre Meinung dazu ?

mit freundlichem Gruß Jan Meyer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Meyer,

vielen Dank für Ihre Frage. Genau wie Sie finde ich die Aussagen meines Parteigenossen Thilo Sarrazin absolut inakzeptabel. Es handelt sich dabei um ein Niveau, welches das der meisten deutschen Stammtische noch unterschreitet. Provokation kann ein sinnvolles Mittel sein, um auf Missstände hinzuweisen - Herr Sarrazin schießt jedoch zum einen weit darüber hinaus, indem seine Aussagen viele Menschen in ihrer Würde verletzen. Überdies trägt er auf diese Weise keinesfalls dazu bei, Lösungen zu finden oder die Situationen, die er kritisiert, zu verbessern.

Ich möchte nur ein Beispiel nennen: Die Tatsache, dass für viele Schülerinnen und Schüler aus sozial benachteiligten Familien der Teufelskreis aus materieller Armut und Bildungsarmut zu einem nahezu ausbruchsicheren Gefängnis wird, liegt (natürlich!) keineswegs in den hohen Geburtenraten dieser Familien begründet. Vielmehr ist es ein gesamtgesellschaftliches Problem, dass Deutschland nicht genug Mittel zur Verfügung stellt, Kinder angemessen zu fördern. Somit hat Deutschland eines der Schulsysteme, die sozial am wenigsten durchlässig sind: Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern haben wesentlich geringere Chancen, einen höheren Bildungsabschluss zu erringen, dass dies nicht an deren Intelligenz liegt, zeigt bspw. eine Studie, nach der Kinder von Vätern ohne Abitur in Schultests eine 50% höhere Leistung erbringen müssen um für gymnasialtauglich gehalten zu werden als Kinder von Vätern mit Abitur.

Dies anzusprechen, durchaus auch provokant, um eine gesellschaftliche Diskussion über ein sozial gerechtes Schulsystem zu entfachen, dies wäre mutig und sinnvoll - ich werde es auch in Zukunft tun, aber auf meine Art.

Mit freundlichen Grüßen,

Ottmar Schreiner