Frage an Ortwin Runde von Günter B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herrr Runde,
warum wartet die Bundesregierung "auf Obama" und ergreift keine eigene gesetzgeberische Initiative, um die Finanzkrise an der Wurzel zu bekämpfen. So könnte sie beispielsweise die unglückseligen Beschlüsse ihrer Vorgängerin , mit denen diese den Derivaten und Hedge -Fonds Tür und Tor geöffnet hatte, rückgängig machen! Wo bleibt im Wahljahr das diesbezgl. Reformkonzept der SPD?
Mit frdl. Gruß, G.Brachvogel
Sehr geehrter Herr Brachvogel,
danke für Ihre Zuschrift vom 13. Januar, die ich mit großer Aufmerksamkeit gelesen habe.
Es ist immer gut, eigene Ideen, Konzepte, Vorstellungen zu haben, um in einer Krise planvoll und vernünftig vorgehen zu können. Es ist aber auch gut, bei international angelegten Krisen wie der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise international abgestimmt vorzugehen. Sie finden beides im Verhalten der Bundesregierung, insbesondere in den Initiativen des von der SPD gestellten Bundesfinanzministers und den sie tragenden Bundestagsfraktionen.
Angesichts der Reichweite und des Umfangs der Wirtschaftskrise war und ist es notwendig, dass die deutschen Maßnahmen mit unseren europäischen Partnern abgestimmt werden. Gemeinsam können die effektiv besten Schritte unternommen werden, mit denen eine sich vertiefende Rezession abgewendet werden kann. Der gleiche Gesichtspunkt sowie der Umstand, dass die Krise zu einem erheblichen Teil ihren Ausgangspunkt in den USA hatte, gebietet es, auch eine enge Abstimmung mit den USA zu erreichen. Sie sehen dies beispielsweise deutlich an den Maßnahmen der Zentralbanken. Jede Zinssenkung in den USA bleibt nicht ohne Reflex in Europa: Würde die EZB die Zinsen in ihrer ursprünglichen Höhe danach belassen haben, so hätte dies möglicherweise zu einem stärkeren Geldfluss nach Europa oder zu einer zu starken Bewertung des Euro geführt. Dies gilt – mehr oder minder – auch für alle konjunkturpolitischen Maßnahmen, die zur Bekämpfung der weltweit um sich greifenden Krise unternommen werden. Ein gewisses „Warten auf Obama“, und nicht nur auf ihn, sondern auch auf die Initiativen aus der EU, aus China, Indien, Brasilien, Russlands, war und ist – aus parallelen Gründen – durchaus gerechtfertigt.
Auch darüber hinaus bitte ich um Verständnis, wenn ich Ihrem Eindruck entgegentrete: Die SPD hat bereits sehr frühzeitig zu den Herausforderungen und den nötigen politischen Antworten auf die Finanzmarktkrise Stellung genommen (so in den „Neuen Verkehrsregeln für die Finanzmärkte“, die am 08.10.2008 von Peer Steinbrück zusammengefasst worden sind, siehe unter http://www.spd.de/de/service/material/spd-aktuell/index.html ). Eine eingehende Analyse von mir mit einem politischen Ausblick zur Finanzkrise finden Sie unter dem 17.10.2008 auf meiner Internetseite ( http://www.ortwin-runde.de/mdb.php/cat/9/aid/226/title/Eine_neue_Finanzarchitektur ). Ihre Position hat die SPD angesichts der weiteren Entwicklung der Finanz- und Wirtschaftskrise auch stetig aktualisiert und notwendige Reaktionen mit Augenmaß beschrieben. Sie hat damit den Diskurs in der Großen Koalition und die beiden Konjunkturpakete maßgeblich beeinflusst. Ich erinnere insofern – und nur beispielhaft - sowohl an die Ausführungen von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier (die Sie etwa unter http://www.frank-walter-steinmeier.de/aktuell/nachrichten/081201_eu-zukunftspakt.html aber auch unter http://www.spd.de/de/aktuell/nachrichten/2009/01/Wirtschaftlich-vernuenftig-und-sozial-gerecht.html?pg=1&y=2009&m=0 finden) als auch an die aktuellen Äußerungen unseres Parteivorsitzenden Franz Müntefering (diese finden Sie unter http://www.spd.de/de/aktuell/nachrichten/2009/01/Konsequent-in-der-Finanz--und-Wirtschaftskrise.html ).
Mit freundlichen Grüßen
Ortwin Runde