Frage an Oliver Stey von Rolf S. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Stey,
welche Positionen vertreten sie in der Bildungspolititk?
Schulbildung, Studiengebühren etc
mfG Rolf Schiener
Sehr geehrter Herr Schiener,
Ich vertrete ein Gesamt- man kann auch sagen, Gemeinschaftsschulkonzept. Es darf nicht sein, dass ein selektives Schulsystem, wie das derzeitige von vornherein ungleiche Bedingungen für die Zukunft der Heranwachsenden schafft. Ein modernes Schulsystem muss nach meiner Auffassung dahin gehen, dass es einen gemeinsamen Basisunterricht für alle gibt, in dem die Schwächeren in zusätzlichen, außerschulischen Nachhilfeeinheiten auf dem gemeinsamen Wissensstand gebracht werden. Zusätzlich zu diesem Basisunterricht sollte ab der 5. Klasse je nach Begabung und Interessen der Kinder ein individuell auf die Kinder zugeschnittener Bildungsblock geschaffen werden, der die speziellen Fähigkeiten jedes einzelnen Kindes weitgehend befriedigen kann. Diese Zusatzeinheiten müssen jedoch so flexibel sein, dass es den Kindern möglich sein muss, in andere Fächer problemlos überzuwechseln, falls sich herausstellt, dass die selbstgewählten Fächer sich doch nicht als geeignet erweisen. Der Basisunterricht sollte ungefähr hälftig mit dem Individualunterricht zusammenspielen.
Individualunterricht bedeutet in diesem Fall nicht konfuses Durcheinander, sondern soll eine spezielle Möglichkeit darstellen, gezielt nach den Interessen der Kinder deren späteren beruflichen Werdegang zusammen mit den Kindern zu gestalten und abzustimmen.
Ein starres Schulsystem, bei dem die Kinder in Haupt- Real- und Gymnasialschulen aufgeteilt werden halte ich für völlig unzeitgemäß und demokratisch für äußerst bedenklich. Es werden hier von vornherein Selektionen vorgenommen, die größtenteils zu Lasten der Armen und der Migrantenkinder gehen.
Die Schulmittel müssen in jedem Fall alle frei zugänglich sein, so dass nicht die Kosten oder die soziale Herkunft über die Zukunftsaussichten der Kinder entscheiden, sondern diese allein ihren späteren Berufsweg bestimmen.
Das Gerede von durchlässigen Schulsystemen, die es den Kindern ermöglichen sollen zwischen Haupt-, Real- oder Gymnasialschule bei entsprechender Leistung zu wechseln ist zum einen völliger Blödsinn, zum andern nichts weiter als eine propagandistische Blase, die real betrachtet fast ausschließlich den Weg zur Hauptschule freigibt, jedoch nur in den seltensten Fällen Richtung Gymnasium. Es ist ein elitäres, autoritäres, undemokratisches und völlig unzeitgemäßes System.
Studiengebüren gehören hierbei selbstredend in die gleiche Kategorie. Sie schaffen zum einen eine elitäre Gemeinschaft der Reichen, die sich ihr Studium leisten können und der Armen die in die Fabrik gehen sollen. Alle tatsächlichen Errungenschaften der frühen SPD-Regierungen in den 70er Jahren sind heute so gut wie zerschlagen, was zur Folge hat, das sozial schwächer Gestellte heute kaum mehr studieren und damit ein gesellschaftlicher Wandel vorangetrieben wird, der den Bildungsunterschieden der sozialen Klassen des 19. Jahrhunderts schon wieder sehr nahe kommt.
Ich bin für Streichung sämtlicher Studiengebühren und Kosten, sowie für die Schaffung bzw. teilweise ja auch Wiedereinsetzung eines Bafög-Systems, bei dem jedoch im Unterschied zu früher, keine Darlehen gewährt werden, die zurückzuzahlen sind, sondern nach dem Individuellen Bedarf der/des Studierenden Gelder vergeben werden, damit jede/r egal aus welchen sozialen Verhältnissen stammend die Chance hat eine ihm/ihr angemessene Hochschulausbildung zu erhalten.
Die Finanzierung der Kosten müssen nach meiner Auffassung die Nutznießer der Ausbildung bezahlen. D.h. Die großindustriellen Betriebe, denen bislang ohne größere Eigenkosten qualifizierte Kräfte gratis zugeführt wurden und immer noch werden.
Ich hoffe, dass ich ihnen mit dieser Antwort dienen konnte und verbleibe hiermit.
Oliver Stey