Unterstützen Sie die 100-Tage-Forderungen von Fridays for Future an eine neue Bundesregierung?
Im Wahlkampf hat sich jede demokratische Partei zum 1,5°-Ziel bekannt. Ausreichende Pläne zur Umsetzung dessen hat jedoch bis heute keine Partei vorgestellt. Deshalb fordert Fridays for Future (FFF) von der neuen Koalition in den ersten 100 Tagen die richtigen Weichen zu stellen, um das 1,5°-Ziel einhalten zu können. FFF hat dazu 6 Forderungen aufgestellt, die hier zu finden sind: https://fridaysforfuture.de/forderungen/100-Tage/
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Frage zu den 100-Tage-Forderungen von Fridays for Future. Wir lehnen die von Ihnen verlinkten Forderungen ab, gerne begründe ich Ihnen im Folgenden auch weshalb.
Die Verabschiedung eines 1,5 °C-konformen CO2-Budgets ist im nationalen Alleingang nicht sinnvoll, weil dabei weder die Emission anderer Staaten, noch die Ausweichreaktionen im Rahmen globaler Produktions- und Güterströme berücksichtigt werden. Eine isolierte budgetkonforme Reduktion der CO2-Emissionen führt im Wesentlichen zum Emissionsexport. Daher kommt es darauf an globale Klimaschutzkooperation voranzutreiben, um dadurch sowohl eine effektive Emissionsreduktion als auch eine Senkung der Klimaschutzkosten zu erreichen.
Eine sofortige Beendigung neuer Erdgasinfrastrukturprojekte und einen staatlich vorgeschriebenen Erdgasausstieg bis spätestens 2035 lehnen wir ab. Erdgas bildet über die nächsten Jahre noch eine Brückentechnologie hinzu einer klimaneutralen, im Wesentlichen auf erneuerbaren Energieträgern basierenden Energieversorgung bis 2050. Klimaneutralität wollen wir mit einem CO2 Deckel und einem sektorübergreifenden Emissionshandel erreichen, wobei der Ausstieg aus der Erdgasnutzung durch einen steigenden CO2-Marktpreis induziert wird. Staatliche Eingriffe sind hierbei überflüssig.
Die Forderung nach einem sozialverträglichen Ausstieg aus allen fossilen Energien in Deutschland begrüßen wir grundsätzlich. Wir haben uns daher auf Vorschlag der Grünen im Rahmen der Sondierungen darauf geeinigt, den Kohleausstieg idealerweise bis 2030 zu vollziehen. Dafür werden wir den ersten der im Kohleausstiegsgesetz vorgesehenen Überprüfungsschritte bereits in der 20. Legislaturperiode vornehmen. Auch hier setzen wir auf die Anreize des CO2-Marktpreis ist, wobei wir die Einnahmen daraus für die Kompensation steigender Kosten erreichen wollen.
Die Beseitigung aller politischen Ausbaubremsen für Sonnen- und Windenergie streben auch wir an, wobei aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion die Interessen der Betroffenen und des Natur-/Artenschutzes ausreichend Berücksichtigung finden müssen. Eine Versiebenfachung des Ausbaus lehnen wir wie alle starren Ausbauvorgaben ab. Damit wir die Kapazitäten der erneuerbaren Energien erhöhen können, müssen wir privates Investitionskapital und das private Know-how entfesseln sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich beschleunigen.
Wir bezweifeln, dass eine radikale Mobilitätswende sozial gerecht ist. Die dafür erforderlichen Investitionen benötigen Zeit und einen ausreichend sicheren Planungshorizont sowie die dafür notwendigen finanziellen Mittel. Dieser Prozess muss schrittweise und besonnen erfolgen, wenngleich mit beschleunigter Dynamik. Nichtsdestotrotz lehnen wir einen ein Baustopp für fossile Verbrennungsmotoren ab 2025 ab. Verbrennungsmotoren können auch mit klimaneutral hergestellten synthetischen Kraftstoffen betrieben werden und stehen damit nicht im Widerspruch zum 1,5°C Ziel des Pariser Abkommens. Ebenso wenig unterstützen wir die Forderung nach einem sofortigen Neu- und Ausbaustopp für Autobahnen und Bundesstraßen, da eine moderne Straßeninfrastruktur die Voraussetzung für eine klimaneutrale Mobilität bleibt.
Wir unterstützen die Forderung, dass Deutschland seiner globalen Verantwortung gerecht wird und wenig entwickelten Ländern bei der Anpassung an den Klimawandel finanzielle und organisatorische Hilfe leistet. Handelsverträge sind eine wichtige Voraussetzung für die globale Wirtschaftsentwicklung, müssen aber soziale und ökologische Gesichtspunkte berücksichtigen. Daher werden wir diesem Aspekt zukünftig eine größere Aufmerksamkeit schenken.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Luksic