Frage an Oliver Luksic von Raphael S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Luksic,
Ich würde gerne wissen, aus welchem Grund die FDP-Fraktion sich gegen ein Tempolimit sträubt. So wurde auf Strecken mit Tempolimit ein Rückgang der Unfälle mit Todesfolge um 10-15% und ein Rückgang der Unfälle allgemein um bis zu 50% festgestellt. Zudem konnte in nachgewiesen werden, dass ein Tempolimit die Kapazität der Straßen erhöht. Auch verringert ein Tempolimit die Anzahl der Staus, zum einen aufgrund der Unfälle, zum anderen aufgrund der geringeren Grschwindigkeitsdifferenz und dem daraus resultierenden Stau.
Mich würde interessieren welche Gründe gegen all diese Vorteile eines Tempolimits sprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Raphael Schmittner
Sehr geehrter Herr S.,
die Diskussion über Tempolimits wird in Deutschland seit jeher sehr emotional geführt. Fakt ist aber, dass Autobahnen die mit Abstand sichersten Straßen in Deutschland sind. Dies liegt auch an den lokalen Tempolimits, die auf vielen Streckenabschnitten notwendig und gerade bei Gefahrenstellen unumgänglich sind.
Ein generelles Tempolimit für Autobahnen halte ich jedoch für Symbolpolitik. Länder wie Österreich oder die USA schneiden trotz Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht besser ab als Deutschland und innerdeutsche Strecken mit Tempolimit nicht besser als Streckenabschnitte ohne Tempolimit. Fakt ist, dass die Autobahnen schon heute die sichersten Straßen sind. Jeder dritte Pkw-Kilometer wird auf Ihnen zurückgelegt, aber nur 12,3% aller Verkehrstoten und 6,9 % aller Unfälle mit Personenschaden überhaupt werden auf Autobahnen gezählt. Die gefährlichsten Straßen sind seit Jahren Landstraßen, auf denen rund 60% der Verkehrstoten zu beklagen sind und auf denen es ja auch schon heute weitestgehend ein Tempolimit gibt. Bereits heute besteht auf vielen Streckenabschnitten aus Verkehrssicherheitsgründen ein Tempolimit. Eine höhere Unfallschwere lässt sich auf diesen Streckenabschnitten aber nicht feststellen. Auch der Blick in andere Länder mit Tempolimit kann die These nicht stützen. So lagen die Unfallzahlen beispielsweise in Frankreich mit 5,5 Unfalltoten und Österreich mit 5,2 Unfalltote auf je 100.000 Einwohner höher als in Deutschland mit 4,1 je 100.000 Einwohner. Ein großes Problem ist die Handynutzung. Am Beispiel Österreich zeigt sich hier eine ständige Zunahme, sodass dort inzwischen pro Tag knapp 200.000 Textnachrichten verschickt und knapp 900.000 Anrufe ohne Freisprecheinrichtung geführt werden. Alleine die Textnachrichten sind für ca. 14.000 km "Blindflug" im Straßenverkehr verantwortlich.
Eines der vielen Argumente ist, dass ein Tempolimit den CO2 Ausstoß signifikant reduzieren würde und somit gut für den Klimaschutz sei. Das Umweltbundesamt kam allerdings in einer Untersuchung bereits im Jahr 2009 zu dem Ergebnis, dass ein Tempolimit von 120 km/h für Pkw auf Autobahnen eine CO2 Einsparung von gerade mal 9% erbringen würde. Bedenkt man, dass nur rund ein Drittel aller Pkw-Fahrstrecken auf Autobahnen zurückgelegt werden, so läge die tatsächliche Minderung bei nur lediglich 3%, der Lkw-Verkehr ist hier noch nicht einmal berücksichtigt, der ja bereits heute einem Tempolimit unterliegt. Und wenn man den Blick über den nationalen Tellerrand wirft und eine globale Sichtweise einnimmt, so kommt man zu noch viel ernüchternden Ergebnissen. Deutschlands Kohlendioxidemissionen lagen in 2016 bei insgesamt 909 Mio. Tonnen. Bei einem weltweiten Ausstoß von jährlich rund 36 Milliarden Tonnen, macht das gerade mal 2,5% Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen aus. Rund 20 % entstammen in Deutschland dem Verkehr. Dass sind gerade mal 0,5% aller weltweiten CO2-Emissionen, von denen dann lediglich 3% reduziert werden könnten. Das wären rund 0,015% des weltweiten CO2 Ausstoßes. Eine verschwindend geringe Zahl. Will man wirklich etwas für den Klimaschutz unternehmen, so kommt man nicht umher, den Verkehr in das Europäische Emissionshandelssystem mit aufzunehmen. Nur so können durch Marktanreize Emissionen an der Stelle eingespart werden, wo es am effizientesten ist. Dem Klima ist es letztendlich egal, wo das CO2 eingespart wird. Das Tempolimit verliert auch dann automatisch an Wirkung, sobald in Zukunft mehr Autos mit Elektro- bzw. Wasserstoffantrieb oder synthetischen Kraftstoffen auf den Straßen unterwegs sind.
Weiterhin gibt es bereits heute eine Vielzahl an Einschränkungen, die richtig sind und sich für die Sicherheit auf den Straßen seit Jahren bewährt haben. Dazu gehören z.B. die Auffahrverbote, Abstandskontrolle, Überholverbote sowie die Sonn- und Feiertagsfahrverbote für Lkw. Nach § 3 der Straßenverkehrsordnung gibt es, neben der Verordnung über eine allgemeine Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen und ähnlichen Straßen (Autobahn-Richtgeschwindigkeits-V) von 130 km/h, zusätzliche situative Geschwindigkeitsbegrenzungen: „Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.“ Es ist also bereits heute geregelt, dass die Geschwindigkeit den jeweiligen Verhältnissen Rechnung tragen muss. Wer dennoch auf der Autobahn drängelt und andere Teilnehmer im Straßenverkehr nötigt, muss mit einer Strafe nach § 240 StGB rechnen. Aber wenn es Verkehrsaufkommen und Wetter zulassen, sollte man auch in Zukunft schneller als 130 km/h fahren dürfen.
Anstelle starrer Tempolimits plädiere ich deshalb für eine dynamische Verkehrslenkung, die sich nach Gefahren wie Nässe oder Verkehrsaufkommen richtet. So lassen sich die Limits flexibel und digital steuern, um so für einen besseren und sicheren Verkehrsfluss zu sorgen.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Luksic