Frage an Oliver Krauß von Rainer L. bezüglich Innere Sicherheit
Das Medium "Spiegel-online" berichtet am 22.04.2017, im Zuge der Flüchtlingskrise seien wahrscheinlich mehrere tausend Taliban von Afghanistan nach Deutschland eingereist. So habe es das Bamf den Sicherheitsbehörden gemeldet.
Aktuell werde in über 70 Fällen vom Generalbundesanwalt ermittelt. Die Erkenntnis stamme aus Selbstbezichtigungen in geführten Interviews. Behördenseits werde zu den Motiven der Selbstbezichtigungen spekuliert, die Betroffenen hofften durch einen Status als ehemalige Taliban auf bessere Bleibeperspektiven in Deutschland, da sie in Afghanistan mit Exekution rechnen könnten.
Das Medium "heise.de" berichtet am 24.04.2017, das Bundesinnenministerium habe sich auf Nachfrage mit der Auskunft gemeldet, "allein die Zugehörigkeit zu den Taliban" sei "kein Ausschlussgrund von internationalem Schutz".
Wie positionieren Sie sich persönlich zu genannten Umständen?
Die Art Ihrer Antwort wird mein Wählerverhalten im Wahlkreis 27 NRW beeinflussen.
Ich danke höflich für Antwort.
Sehr geehrter Herr Liesenfeld,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die islamistische Taliban-Bewegung, der IS und andere dschihadistische Milizen lassen uns Strategien des internationalen Terrors brutal erleben, die Flüchtlingsrouten dafür zu nutzen, um die Voraussetzungen in unseren offenen Gesellschaften gegen uns selber zu verkehren. Damit wird unsere freiheitliche Ordnung, die Art, wie wir leben wollen, angegriffen. Mithin drohen auch diejenigen „ausgespielt“ zu werden, die gerade vor dem mörderischen Terror in ihrer Heimat fliehen und Schutz suchen. Das führt zu der Gefahr einer Spaltung unserer Gesellschaften, die von den Terroristen und Schleppern kalkuliert wird.
Unter dem Stichwort „Taliban-Trick“ habe ich von den „Selbstbezichtigungen“ gelesen: mit dem mutmaßlichen Motiv der Hoffnung auf eine bessere Bleibeperspektive – vielleicht auch im Unwissen, dass das Mitwirken in Terrororganisationen mit Mord oder Kriegsverbrechen in der Bundesrepublik selbst scharf geahndet wird. Offenkundig haben Einzelne, die sich nun mit entsprechender Anklage konfrontiert sehen, ihre „Selbstbezichtigung“ unterdessen ja auch schon widerrufen.
Unsere Aufgabe, zwischen „Dichtung und Wahrheit“ zu trennen, die einzelnen Fälle genau zu prüfen und zu verantwortlichen Entscheidungen zu kommen, sehe auch ich an Belastungsgrenzen. Der Umgang mit diesen Herausforderungen ist aus meiner Sicht ein Test für die westliche Gemeinschaft auf der Grundlage unserer Werte: Menschenwürde, Gerechtigkeit, Solidarität, Freiheit, Gleichheit von Mann und Frau. Viele Behörden werden ungemein strapaziert. Nun wird schon wieder mit weiteren Terrorprozessen gegen diese mutmaßlichen Taliban-Kämpfer gerechnet.
Mir ist wichtig, dass wir uns von Terroristen und Islamisten auf keinen Fall zu Veränderungen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens nötigen lassen, wenn wir diese Veränderungen nicht selbst wollen und diese unserer Überzeugung zuwiderlaufen, wie Menschen mit Menschen umgehen. Wir müssen uns in diesen kritischen Zusammenhängen treu bleiben – namentlich auch in der Verantwortung gegenüber Mitmenschen, die gezwungen sind, aus den Krisenregionen zu fliehen und die weiterhin unsere Hilfe brauchen.
Auf der anderen Seite kann es nicht sein, dass Unzählige ohne Rechtsgrund und ausreisepflichtig hier sind und unsere Solidargemeinschaft beanspruchen. Wer kein Bleiberecht in Deutschland hat, muss in die Heimat zurückkehren: unter konsequenter Anwendung geltenden Rechts.
Die Maßnahmen, die der Bundestag und die Bundesregierung beschlossen haben, um den weiteren Zuzug zu begrenzen und dafür zu sorgen, dass Menschen, die hier zu Unrecht leben, schneller abgeschoben werden, dürfen von der NRW-Landesregierung nicht länger blockiert werden. Wenn es Rückführungsabkommen gibt – wie zum Beispiel mit Afghanistan –, sind diese bei Verbürgung des genauen und aktuellen Blicks zu nutzen. Bei uns in NRW leben 45.000 ausreisepflichtige Personen. Das sind so viele wie in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zusammen. Diese Situation darf man aus meiner Sicht nicht einfach „aussitzen“, wie die SPD-geführte Landesregierung das tut. Sondern man muss dann zurückführen, im allseitig verantwortlichen Handeln.
Wer unsere staatliche Ordnung solcherart nicht akzeptiert und gefährdet, ist auszuweisen. Für die Identifizierung sieht das Regierungsprogramm der CDU zum Beispiel auch ein digitales Kompetenzzentrum vor: damit die sensiblen Kommunikations-, Reise- und Finanzdaten entsprechender Kader in enger Abstimmung mit den Bundesbehörden erfasst werden. In puncto digitale Welt wollen wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen überprüfen und anpassen: um erhebliche Aktivitäten in anonymen Teilen des Internets und in Sozialen Netzwerken sicher im Blick zu haben.
Vielleicht kennen Sie das Regierungsprogramm ja schon oder wollen sich die einzelnen Aspekte noch genauer ansehen? Sie finden das Programm im Internet auf den Seiten der NRW-CDU unter: www.cdu-nrw.de
Sehr geehrter Herr Liesenfeld,
vielleicht ergibt sich die Gelegenheit, sich über diese komplexen Zusammenhänge in einem persönlichen Gespräch noch weiter auszutauschen. Sie sind für uns alle schwierig. In diesem begrenzten Rahmen kann ich natürlich nur einige Bezüge darstellen, die mir besonders wichtig sind. Dafür bitte ich um Verständnis.
Mit besten Grüßen
Ihr Oliver Krauß