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Ole Thorben Buschhüter
SPD
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Frage von Heike W. •

Frage an Ole Thorben Buschhüter von Heike W. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Buschhüter,

zu den ausgehandelten Beteiligungsverträgen zwischen der Stadt Hamburg und Vattenfall bzw. E.on sind mehrere Gutachten erstellt worden. Das Gutachten der Kanzlei Boos, Hummerl & Wegerich ist zu folgenden Ergebnissen gekommen, zu denen ich jeweils eine Frage stelle:
1. Die Mitbestimmung bei der Minderheitsbeteiligung von 25,1% geht nicht über den hierbei üblichen Einfluss hinaus und ist sehr gering. Sehen Sie das auch so?
2. Während der Konzessionsvergabe hat es keine zusätzlichen Verhandlungen mit anderen Unternehmen gegeben. Anderenfalls wären höchstwahrscheinlich bessere Ergebnisse für die Stadt Hamburg erzielt worden. Welche Gründe gab es für den Verzicht auf Verhandlungen mit weiteren Unternehmen?
3. Die Art der Kaufpreisermittlung birgt ein hohes Risiko stark überhöhter Kaufpreise. Wie schätzen Sie das Risiko ein und wie sehen Sie die Möglichkeiten einer späteren Kaufpreisanpassung?
4. Die Garantiedividende, die die Energiekonzerne der Stadt auf den Kaufpreis zahlen, ist zu niedrig bemessen. Sie kann einseitig von den Konzernen gekündigt werden. Bei zu hohem Kaufpreis kann die Stadt den Kredit nicht mehr aus der Gewinnbeteiligung bedienen und müsste aus der Beteiligung aussteigen, wobei die Konzessionen bei den Konzernen verbleiben. Wie beurteilen Sie diese Regelung?
5. Wird z.B. der Volksentscheid gewonnen, wird die Beteiligung beendet und die Stadt erhält nur den Kaufpreis zurück, aber keinen Ausgleich für Inflation oder eine mögliche Wertsteigerung der Unternehmen. Die Stadt könnte außerdem auf einem bereits aufgenommenen und weiter laufenden Kredit sitzen bleiben. Wie beurteilen Sie hier die Risiken für die Stadt Hamburg?
6. Über Dienstleistungsverträge zwischen den Netzgesellschaften und anderen Vattenfall-Töchtern können große Beträge in den Vattenfall-Konzern abgezogen werden. Die Stadt kann dies aber erst nach fünf Jahren überprüfen und beschränken. Wie sehen Sie diese Problematik?

Mit freundlichen Grüßen
Heike Wokon

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Wokon,

vielen Dank für Ihre Fragen. Das Gutachten der Kanzlei Boos Hummel & Wegerich (BH&W) in Berlin wurde von der Initiative UNSER HAMBURG – UNSER NETZ beauftragt. Es kommt nach eigener Darstellung zu keiner abschließenden Bewertung. Zu Ihren Fragen im Einzelnen:

Zu 1.:
Nein. In den paritätisch besetzen Aufsichtsräten (50% Arbeitgeber, 50% Arbeitnehmer) aller drei Netzunternehmen besetzt die Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement – HGV – die Hälfte der Arbeitgeberbank, trotz der Beteiligung von "nur" 25,1 Prozent.

Die Mitbestimmungsrechte der HGV beziehen sich auf Abschluss- und Veränderung von Unternehmensverträgen, Feststellung des Jahresabschlusses und der Gewinnverwendung, Zustimmung zu Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz, Erlass und Änderungen von Geschäftsordnungen (soweit darin Zustimmungserfordernisse aufgestellt oder geändert werden), Beschlussfassung über den Jährlichen Investitionsplan, die Wahl des Abschlussprüfers und die Zustimmung zu außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen. Außerdem bestehen Informations- und Prüfungsrechte hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, der Entwicklung der Vermögens- und Ertragslage, der Liquidität und Rentabilität der Gesellschaft, über verlustbringende Geschäfte und die Ursachen von Verlusten sowie über Ursachen eines in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Jahresfehlbetrages.

Aufsichtsräte haben nur begrenzten Einfluss auf das operative Geschäft. Sie haben vor allem eine Kontrollfunktion. Das gilt auch für die der Netzgesellschaften. Deshalb hat der Senat mit den Konzernen zusätzlich eine Reihe von Zielen und Investitionen für Klimaschutz und Energiewende - u.a. für ein GuD-Kraftwerk für die Fernwärme und die Investition in Speichertechnologien für Erneuerbare Energien - von insgesamt 1,6 Mrd. Euro und deren Unterstützung des „Energiekonzepts für Hamburg“ vereinbart. Hinsichtlich der Investitionsplanungen gilt, dass diese zwischen den Partnern einvernehmlich beschlossen werden müssen. Die kann hier nicht allein entscheiden, aber ohne die Stadt kann auch der Mehrheitsgesellschafter keine Entscheidung treffen.

Eine Übertragung von Gesellschaftsteilen an Dritte ohne ausdrückliche Zustimmung des anderen Partners, ist bis Ende 2017 unzulässig. Danach stehen den Partnern jeweils ein Vorkaufsrecht und ein Mitveräußerungsrecht zu. Insofern bleiben die energiepolitischen Ziele vor diesem Hintergrund gewahrt.

Im Übrigen sollen die Umsetzung der Verträge und der energiepolitischen Vereinbarungen nach dem Willen der SPD-Fraktion eng durch Parlament und Öffentlichkeit begleitet und kontrolliert werden. Die Unternehmen sind verpflichtet, regelmäßig Rechenschaft abzulegen und entsprechende Einblicke in die Geschäfte und die Investitionsplanungen zu geben.

Zu 2.:
Hier unterliegen Sie einem Missverständnis, wenn Sie den beabsichtigte Beteiligung der Stadt an den Netzgesellschaften für Strom, Gas und Fernwärme mit den Konzessionsverträgen vermengen. Es geht hier zunächst einmal um Unternehmensbeteiligungen während der laufenden Konzessionslaufzeiten. Spätestens zum 31. Dezember 2014 (für die Stromverteilungsanlagen) bzw. zum 31. Dezember 2018 (für die Gasverteilungsanlagen) müssen neue Wegenutzungsverträge abgeschlossen werden ("Konzessionen"). Hierfür gelten die Verfahren nach § 46 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Für den Bereich der Fernwärme ist § 46 EnWG nicht anwendbar. Dabei ist es durchaus denkbar, dass ein Dritter neuer Konzessionsinhaber wird. Auch für diesen Fall sehen die Konsortialverträge (nur Gas und Strom) Rückabwicklungsrechte vor. Eine Bindung der Konzessionsvergabe an eine Beteiligung ist nach dem sog. Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur nicht zulässig.

Zu 3.:
Die Stadt Hamburg hat sich in 2011 ausführlich über den Wert der Energienetze informiert. Dazu wurden von den Energieunternehmen alle relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt und durch Wirtschaftsgutachter und eigenen Rechts-, Unternehmens- und Energieexpertinnen und -experten genau geprüft. Das Ergebnis der Prüfungen und Verhandlungen mit den Energieunternehmen waren die jeweiligen Kaufpreise für das Strom-, Gas- und Fernwärmenetz.

Um dennoch auszuschließen, dass die Stadt für ihren Anteilserwerb einen zu hohen Preis zahlt, sind die für den Erwerb der Geschäftsanteile zu zahlenden Kaufpreise vorläufig. Die Beteiligungsverträge enthalten Bestimmungen über eine Kaufpreisanpassung nach Maßgabe der tatsächlichen Entwicklungen zum Stichtag 1. Januar 2018 für Gas und Wärme und 1. Januar 2019 für Strom. Die Kaufpreisanpassungen sind nach oben und unten begrenzt: für Strom und Fernwärme auf +/- 10%, für Gas auf +/- 20%.

Zu 4.:
Bei der Garantiedividende handelt es sich nicht um eine Gewinnbeteiligung, sondern um einen festen Zinssatz auf den jeweiligen Kaufpreis der Netze. Die in den Verträgen so genannten Gewinnabführungsverträge (Garantiedividende) werden für Gas und Fernwärme bis zum 31. Dezember 2017 und für Strom bis zum 31. Dezember 2018 fest abgeschlossen. Die jeweilige feste Ausgleichszahlung ist an keine bestimmte Geschäftslage gebunden und auch dann garantiert, wenn die Netzgesellschaften negative Ergebnisse erzielen sollten. Für die Strom- und Gasnetzbeteiligung bewegt sie sich im Rahmen dessen, was nach dem Leitfaden von Bundesnetzagentur und Kartellamt für diesen regulierten Energiebereich zulässig ist.

Bei der unregulierten Fernwärme ist berücksichtigt worden, dass das Fernwärmegeschäft bei mittelfristig rückläufiger Nachfrage (Erfolg vermehrter Wärmedämmung und Klimawandel) mit einem betriebswirtschaftlichen Risiko belastet ist. Da dieses Risiko allein vom Fernwärmeversorger getragen wird, muss es sich in der Höhe der an die Stadt zu zahlenden Garantiedividende abbilden.

Was die Refinanzierung des Kaufpreises angeht, so sind in den Verträgen Anpassungsklauseln vorgesehen.

Zu 5.:
Die Gefahr, dass die Stadt auf einem nutzlosen Kredit sitzen bleibt, sehe ich nicht. Gerade wenn der Volksentscheid für die Initiatoren erfolgreich ausgehen sollte, die Stadt also 100% der Netzgesellschaften übernehmen soll, wird sie einen noch viel höheren Kredit brauchen.

Zu 6.:
Die bei der Ausarbeitung der Verträge beauftragten Wirtschaftsprüfer haben nicht feststellen können, dass bestehende Dienstleistungsverträge zwischen Konzern-Müttern und Netz-Töchtern missbräuchlich zum Abzug von Kapital genutzt worden sind. Bei der Berechnung des Kaufpreises ist von der Angemessenheit der Entgelte ausgegangen worden. Wenn nach fünf Jahren der Vertrag endet und durch einen neuen ersetzt werden muss, kann die Stadt die Angemessenheit der Dienstleistungsentgelte erneut überprüfen. Würde dann eine Unangemessenheit etwa in Form überhöhter marktunüblicher Entgelte festgestellt, kann die Stadt eine entsprechende Anpassung verlangen.

Ich hoffe, Ihnen mit der Beantwortung Ihrer Fragen dienlich gewesen zu sein.

Mit freundlichen Grüßen
Ole Thorben Buschhüter

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