Wieso sind sie dagegen, dass Bürgergeld-Empfänger zur gemeinnützigen Arbeit verpflichtet werden sollen?
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Guten Tag Sören P.,
herzlichen Dank für Ihre Frage.
Bürgergeld ist eine Form der sozialen Absicherung und Teil des Sozialstaats in Deutschland. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, Empfänger*innen Arbeitszwänge aufzuerlegen. Menschen in einer Demokratie haben Rechte und Freiheiten, die nicht ohne weiteres durch staatliche Anordnungen eingeschränkt werden dürfen. Dazu zählt auch die Berufsfreiheit.
Der Fokus bei der Arbeitsvermittlung sollte mehr auf die Förderung von Qualifikationen, Weiterbildungen und Integration in den Arbeitsmarkt gelegt werden und auch auf ausreichende Kinderbetreuung, Unterstützung bei der Bewältigung gesundheitlicher Probleme und bei der Pflege von Angehörigen. Wenn Bürgergeld-Empfänger*innen verpflichtet werden, gemeinnützige Arbeit zu leisten, könnte dies von besser geeigneten Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Chancen auf eine echte berufliche Integration ablenken.
Gemeinnützige Arbeit ist nicht immer mit einer fairen Bezahlung verbunden. Durch einen Arbeitszwang würden Personen, die ohnehin schon mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, möglicherweise noch weiter ausgebeutet werden. Gerade der Staat sollte fair und angemessen bezahlen, was wir etwa durch den Kabinettsbeschluss für ein Tariftreuegesetz voranbringen wollen.
Dazu kommt, dass nicht alle erwerbsfähigen Bürgergeld-Empfänger*innen einfach arbeiten gehen können. Viele kümmern sich um Kinder (rund 37% der Alleinerziehenden beziehen Bürgergeld), pflegen Angehörige, 25% sind in Weiter- oder Ausbildung und 20% arbeiten zwar, aber müssen aufgrund schlechter Bezahlung durch den Bezug von Bürgergeld aufstocken. Minderungen und Sanktionen wegen einer Arbeitsverweigerung sind sehr selten. Laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit wurden in 2023 in nur 15.777 Fällen der Regelsatz gekürzt aufgrund einer Weigerung. Zur Einordnung: In 2023 erhielten rund 5,5 Millionen Kinder und Erwachsene in Deutschland Bürgergeld.
Ich setze mich statt für Arbeitszwang lieber für einen höheren Mindestlohn von 15€ noch in diesem Jahr und für bessere Tarifbindung ein. Damit legen wir den Fokus auf Anreize statt auf Zwang.
Mit freundlichen Grüßen
Nyke Slawik