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Norman Paech
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Frage von Fritz E. •

Frage an Norman Paech von Fritz E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Prof. Paech,

gerade lese ich wieder über den Sicherheitsrat. Es Pläne und Resolutionen bzgl. des Kaukasuskonflikt diskutiert. Hierbei fragte ich mich erneut: Ist diese Institution noch wirklich nützlich? Damit meine ich nicht, dass es diesen Rat überhaupt gibt. Die UNO mit allen ihren Institutionen sind eine gute und vielleicht sogar notwendige Einrichtung. Aber was die Ausgestaltung des Sicherheitsrates anbelangt, so habe ich doch Zweifel. Passen die Vetorechte von USA und Russland noch unsere Zeit? Es scheint mir ein Überbleibsel aus dem Kalten Krieg zu sein, der in meinen Augen manchmal in "Kindergarten" auszuarten droht: Resolutionen der anderen Partei werden nicht zugelassen, wenn Sie einem nicht passen. Man muss nicht überall zustimmen, aber ein einfaches Vetorecht behindert doch jegliche vernünftige Diskussion. Im Kalten Krieg mag dies ja vielleicht noch gut gewesen sein, damit sich die beiden vielleicht nicht zu viel streiten. Aber heutzutage?
Sehen Sie eine Möglichkeit (oder überhaupt die Notwendigkeit?) zumindest die Vetorechte im Sicherheitsrat abzuschaffen? Müsste vielleicht sogar eine neue UNO gegründet werden, um den Veränderungen zu entsprechen?
Zum Prozedere: Wie würde denn eine Umgestaltung der Satzung der UN vonstatten gehen? Reicht da eine einfache Mehrheit der Generalversammlung?
Vielen Dank für Ihre Antwort

Fritz Ebert

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Ebert,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Ich kann Ihre Unzufriedenheit sehr gut nachvollziehen. Die Zusammensetzung und die Entscheidungsstrukturen des UN-Sicherheitsrates stehen seit langem in der Kritik, da sie den weltweiten Machtkonstellationen nicht mehr gerecht werden.

Auf eine Abschaffung des Vetorechts würden sich die Vetomächte derzeit gar nicht einlassen. Darüber hinaus würde die Abschaffung des Vetorechts das Problem nicht lösen.
Im Gegenteil wäre zu befürchten, dass so weitreichende Entscheidungen wie Sanktionen und der Einsatz von militärischen Mitteln bei Abstimmungen ohne Vetorecht dazu führen würden, dass sich insbesondere die Allianz von USA, Frankreich und Großbritannien allzu leicht durchsetzen könnte. Die Folge könnte eine massive Ausweitung militärischer Interventionen sein.

Ein zentrales Problem liegt sicherlich in der Zusammensetzung des Sicherheitsrates, in der Tat ein Relikt des Kalten Krieges. Seit Jahren kritisieren insbesondere die Länder des Südens die Zusammensetzung des Sicherheitsrates und fordern eine Neuausrichtung, in der sie einen gleichberechtigten Status haben. Eine Reform und Demokratisierung des Sicherheitsrates befürwortet auch DIE LINKE, z.B. durch Einbeziehen repräsentativer Staaten der großen Kontinente Afrika und Asien sowie Lateinamerikas in den Sicherheitsrat.

Eine neue UNO braucht es dafür nicht. Die Vereinten Nationen finden als System kollektiver Sicherheit bis heute große Anerkennung. Die UNO-Charta und das Völkerrecht bilden nach wie vor die einzigen universell anerkannten Handlungsstandards in den Beziehungen der Staaten zueinander. Als solche ist die UNO unverzichtbar. Ebenso wie das Völkerrecht ist auch die Institution UNO nicht statisch, sondern dynamisch. Vor dem Hintergrund der weltpolitischen Veränderungen ist die Reform der UNO eine zentrale Aufgabe. Im Mittelpunkt dieser Reform muss die Stärkung und Demokratisierung der UNO stehen. So sollte die Generalversammlung größere Entscheidungsbefugnisse erhalten und die Unterorganisationen der UNO finanziell und strukturell besser ausgestattet werden.
Eine Änderung der Satzung der UNO ist übrigens mit einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder der Generalversammlung nach Art. 108 UNO-Charta möglich.

Mit freundlichem Gruß

Norman Paech