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Norbert Müller
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Frage von Lars S. •

Frage an Norbert Müller von Lars S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Müller,

wie stehen Sie zu der einstimmigen Europarat Resolution 2079?
Welche Gründe sprechen Ihrer Meinung gegen eine sofortige Umsetzung?

Mit freundlichen Grüßen

Lars Schumacher

http://www.internationalervatertag.de/images/gutachten/Europarat_Regelfall_Doppelresidenz_50_50_Doppelresidenz_EU_10_2015.pdf

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Schumacher……..

vielen Dank für Ihre Frage.
Ich möchte ihnen darauf gerne wie folgt antworten:
Die Fraktion DIE LINKE beschäftigt sich dauerhaft mit den Themen Sorgerecht.

Das von Ihnen erwähnte Wechselmodell wurde bei uns intensiv diskutiert und wir sind zu der Entscheidung gelangt, dass grundsätzlich das Interesse des Kindes im Vordergrund stehen muss. Daher kann das Wechselmodell nur funktionieren, wenn es dem Kindeswohl nicht schadet.
Auch muss das Kind im entsprechenden Alter sein, vor allem Kleinkinder benötigen Rituale in ihrem Alltag, eine wöchentlich wechselnde Routine, sorgt vor allem bei Kleinkindern für Stress. Des Weiteren muss dafür gesorgt werden, dass die Eltern dem Kind ermöglichen sich im gleichen sozialen Raum täglich zu bewegen. Der Erziehungsstil der Eltern muss abgestimmt sein, so dass es für die Kinder keine besseren und schlechteren Eltern gibt. Wichtig ist es auch, zu ermitteln wer die Hauptperson für das Kind ist. War bisher nur ein Elternteil für die Erziehung des Kindes zuständig, so muss man dieses auch bedenken und entsprechend reagieren. Das Verhältnis zur Hauptbezugsperson sollte auf keinen Fall erschüttert werden, da dies enorm wichtig für Kinder und ihre Entwicklung ist. Eltern dürfen ihre Konflikte nicht über die Kinder austragen, dies verursacht bei den Kindern Loyalitätskonflikte und schadet dem Kindeswohl.

In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, ob einem Elternteil möglicherweise gravierende Erziehungsmängelvorliegen.
(vgl. Sünderhauf „ Wechselmodell…“S.147)

Um eben diese Konfliktfreiheit zu gewähren, bedarf es bei manchen Eltern eine begleitete Mediation um Konflikte zwischen den Eltern zu lösen und das Kind nicht damit zu belassen. Hierfür braucht es aber ausreichend Fachkräfte, die u.a. bei Jugendämter angestellt sind. Daher müssen die Jugendämter wieder besser ausgestattet werden um dort genügen Kapazitäten für eine solch begleitete Mediation zu haben.
Darüber hinaus müssen auch Richter- und psychologische Sachverständige sich durch unabhängige Fortbildung, auf den aktuellen Stand der Forschung bringen.
( vgl. Sünderhauf „ Wechselmodell …“ S. 665)

Auch das von Ihnen angesprochene Buch zum Wechselmodell von Frau Prof. Dr. Sünderhauf wurde bei unseren Überlegungen einbezogen und bestätigt in der Summe der Argumente unsere Einstellung zum Wechselmodell.
Durch die letzte Sorgerechtsreform wurden bereits einige Schritte getan, um die Gleichstellung von Müttern und Vätern zu gewährleisten. Leider hat die damalige Bundesregierung unseren Antrag zu diesem Thema abgelehnt.
Es bleibt zu prüfen, ob das Wechselmodell im Familienrecht als bestehende Alternative zu verankern ist und wie die sich daraus ergebenden unterhalts- und steuerrechtlichen Fragen zu lösen sind.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Müller MdB