Frage an Norbert Lins von Anja S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lins,
ich weiß, Sie vertreten als EVP-Abgeordneter eine positive Position zu der geplanten Urheberrechtsreform. Lokal hat sich die CDU in Deutschland ja zwischenzeitlich darauf verständigt, dass die Uploadfilter in Deutschland nicht eingesetzt werden sollen.
Als EU-Bürger und -Wähler fordere ich Sie dennoch auf, im EU-Parlament zumindest gegen Art. 11 und 13 der geplante "Reform" des Urheberechts zu stimmen. Diese Artikel können dazu führen, dass das freie Internet erheblich eingeschränkt wird. Selbst kleinste Internetplattformen müssten Urheberrechtsverletzungen ihrer Userinnen und User präventiv unterbinden, was in der Praxis nur mittels fehler- und missbrauchsanfälliger Upload-Filter umsetzbar wäre (Art. 13). Zudem müssten alle Webseiten für kurze Textausschnitte aus Presseerzeugnissen Lizenzen erwerben, um ein neu einzuführendes Verleger-Recht einzuhalten (Artikel 11). Beides zusammen könnte die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit erheblich beeinträchtigen.
Das ist nicht im Sinne einer demokratischen, offenen Gesellschaft.
Wie und mit welchen Maßnahmen können Sie innerhalb der EU konkret sicherstellen, dass dieser Effekt in der restlichen EU nicht eintritt, wenn Sie kommende Woche dennoch für die Änderung stimmen?
Freundliche Grüße
A. S.
Sehr geehrte Frau S.,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an der Reform des europäischen Urheberrechts. Aufgrund der Fülle an Anfragen zur Urheberrechtsreform bitte ich Sie um Verständnis, dass ich Ihnen meine Standardantwort zukommen lasse.
Digitale Technologien haben in den letzten Jahren die Art und Weise wie kreative Inhalte produziert, vertrieben und abgerufen werden, stark verändert und den Missbrauch erleichtert. Die EU-Urheberrechtsvorschriften müssen daher dringend an das neue Verbraucherverhalten in Europa angepasst werden, wenn es seine kulturelle Vielfalt schützen will. Die neue Urheberrechtsreform zielt daher unter anderem darauf ab, die Rechtssicherheit zwischen den Rechteinhabern und den Nutzern im Internet zu verbessern. Online funktioniert das bisher nur in geringem Umfang. Hier verdienen Plattformen wie YouTube oder auch Facebook an den Werken anderer. Das ändert die Urheberrechtsreform nun, indem die Position der Urheber gegenüber den großen Internetkonzernen gestärkt wird.
Ich habe mich für die neue Urheberrechtsreform ausgesprochen, da ich ein offenes und zudem ein faires Netz möchte. Auch das Netz braucht gute Regeln. Urheberinnen und Urheber müssen endlich bezahlt werden. Aus diesem Grund finde ich es richtig das Urheberrecht an die digitale Welt anzupassen, um eine nachhaltige Kulturproduktion gewährleisten zu können.
Google und Facebook benutzen bereits Filter-Algorithmen. Sie filtern nicht nur – wie vorgesehen – illegale Inhalte (z.B. pornografischer oder terroristischer Art), sondern auch völlig legale Inhalte (z.B. Fotos nackter Körper) – willkürlich und ohne eine demokratische Regulierung. Mit der nun in Kraft tretenden Richtlinie werden Filter reguliert. Zugleich verdienen die Plattformen ihr Geld damit, dass sie Inhalte Dritter zugänglich machen und Werbung schalten, ohne die Urheber jener Inhalte – Fotografen, Musiker, Autoren, Grafiker – angemessen zu bezahlen! Hier setzt die neue Richtlinie zum europäischen Urheberrecht an: Artikel 13 regelt die Lizensierung durch die Plattformen. Plattformen sollen Kreative fair und angemessen bezahlen, indem sie mit Lizenzen für das weltweite Repertoire arbeiten. Wenn sie solche Pauschal-Lizenzen von Verwertungsgesellschaften nutzen, brauchen sie nicht zu filtern.
Ich nehme die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst und habe mich in den letzten Wochen ausführlich mit den einzelnen Argumenten beschäftigt. Trotzdem bin ich der Meinung, dass die EU-Urheberrechtsreform ein guter Schritt in die richtige Richtung hin zu einem fairen Ausgleich zwischen Usern, Urhebern und Plattformen ist.
Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen. Sollten Sie weitere Fragen haben, kommen Sie gerne auf mich zu.
Mit freundlichen Grüßen aus Brüssel,
Norbert LINS