Frage an Norbert Brackmann von Brinja S. bezüglich Familie
Lieber Norbert Brackmann,
SO GEHT DAS NICHT!
Wir sind Eltern eines Schulkindes und sind froh, dass in Deutschland alle Kinder eine Schule besuchen dürfen - ohne dafür zahlen zu müssen.
Es kann nicht sein, dass Sie uns Eltern jetzt vorschreiben, wie wir unser Kind impfen lassen müssen, weil uns sonst hohe Strafen drohen.
Die Impfentscheidung für unser Kind muss unsere Entscheidung bleiben - wir haben sie nach langer Überlegung verantwortungsvoll getroffen.
Zwang ist beim Impfen der falsche Weg - Deutschland braucht keine Impfpflicht!
Frage: Warum wird im Gesetzes-Entwurf nicht der aussagefähigere Immunstatus, sondern der unzuverlässige Impfstatus als Grundlage für den Ausschluss aus Gemeinschaftseinrichtungen definiert?
Steht das nicht im Widerspruch zum erklärten Ziel, die Infektionsketten zu unterbrechen und Immungeschwächte zu schützen?
Die Feststellung des tatsächlichen Immunstatus durch das Messen des Antikörpertiters liegt im öffentlichen Interesse. Deshalb sollten die Kosten für diese Antikörpertests auch von den Gesundheitsbehörden oder von den Krankenkassen übernommen werden. Dies ist jedoch im Gesetzes-Entwurf nicht vorgesehen.
Könnte die Akzeptanz der Masern-Impfpflicht in der Bevölkerung nicht dadurch gestärkt werden, dass die Messung des Titers von den Gesundheitsbehörden oder den Krankenkassen übernommen wird? Dass dem nicht so ist, steht das nicht im Widerspruch zum offiziellen Ziel des Gesetzes und zur Fürsorgepflicht des Staates?
Warum stellt das Gesundheitsministerium keine Masern-Einzel-Impfstoffe zur Verfügung, um die Akzeptanz der Impfung zu erhöhen? Steht das nicht im Widerspruch zum offiziellen Ziel des Gesetzes - und zur Fürsorgepflicht des Staates?
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ihre Bedenken nehme ich sehr ernst. Das Selbstbestimmungsrecht ist für mich ein hohes, schützenwertes Gut. In den letzten Wochen und Monaten habe ich mich deshalb lange mit dem Gesetz zur Impfpflicht auseinander gesetzt und mir eine Entscheidung nicht leicht gemacht. Im Ergebnis befürworte ich eine Impfpflicht in Abwägung des Grundrechts auf Selbstbestimmung aus folgenden Gründen.
Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verpflichtet den Staat dazu, dass er sich schützend vor das Leben und die körperliche Unversehrtheit seiner Bürger stellt. Die Schwelle wann der Staat tätig wird, um die Bürger zu schützen, bemisst sich nicht nach einer bestimmten Anzahl an zu befürchtenden Erkrankungen oder Todesfällen. Das Leben einer einzelnen Person hat in unserer Rechtsordnung keinen geringeren Wert als das Leben einer Mehrzahl von Personen. Wann der Staat also, um das Leben oder die körperlicher Unversehrtheit von Menschen zu schützen, an anderer Stelle in Grundrechte eingreift oder gar eingreifen muss, bestimmt sich vielmehr nach Verhältnismäßigkeitserwägungen. Eine gesetzliche Regelung zur Impfpflicht muss den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügen.
Die Verhältnismäßigkeit des Gesetzes ist gegeben: Der Schutz von Gruppen, wie Kleinkinder oder Menschen die nicht geimpft werden können, vor einer hochansteckenden und gefährlichen Krankheit wie den Masern, mit teilweise schwerwiegenden, oft erst Jahre nach der Erkrankung auftretenden Folgen, rechtfertigt meines Erachtens einen Eingriff in das Grundrecht auf Selbstbestimmung. Zumal eine wirksame Behandlung von bereits Erkrankten nicht möglich ist. Wissenschaftlicher Standard weltweit ist daher die Prophylaxe mittels einer gut verträglichen Lebendimpfung.
Der Gesetzgeber hat überdies ein Einschätzungsrecht. Eine Impfpflicht auf gesetzlicher Grundlage wird bei besonders ansteckenden Krankheiten, die Leben und Gesundheit anderer Menschen schwer gefährden, als zulässig erachtet. Der Schutz gesundheitlicher Interessen anderer bzw. der Allgemeinheit zur Abwehr von Seuchengefahren kann den gesetzlichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit rechtfertigen. Der Wesensgehalt des Grundrechts der körperlichen Unversehrtheit wird nicht durch einen Eingriff angetastet, dessen Zielsetzung gerade die Erhaltung der Unversehrtheit ist. Die im Gesetzentwurf des Masernschutzgesetzes vorgenommene Fokussierung auf die Masernschutzimpfung erfolgte im Hinblick auf die besonders gefährlichen Komplikationen, die bei Masern vorkommen können, der hohen Ansteckungsfähigkeit der Masern, der Verfügbarkeit wirksamer Impfstoffe und der seit Jahren noch nicht erreichten Impfquoten. Im Übrigen ist eine Impfpflicht in Deutschland nicht unbekannt. Bis 1976 gab es in Deutschland die Pockenimpfpflicht. Inzwischen sind die Pocken dank der Impfung weltweit ausgerottet.
Zu Ihren Fragen nehme ich wie folgt Stellung:
Um den Immunstatus festzustellen ist eine Blutentnahme und eine aufwendige Laboruntersuchung erforderlich. Dies ist nicht nur mit hohen Kosten verbunden, sondern dauert auch einige Wochen bis die Ergebnisse vorliegen. Zudem müssten die Laborergebnisse von Fachärzten interpretiert werden, denn die Bestimmung von Masern-Virus-Antikörpern ist nur ein indirektes Nachweisverfahren, da nicht der Erkrankungserreger selbst, sondern vielmehr die immunologische Reaktion des Körpers auf den Krankheitserreger nachgewiesen wird. Zudem gibt es Nachteile bei einigen Verfahren, wo nur die Gesamtheit der Masern-Virus-Antikörper bestimmt werden und keine Unterscheidung zwischen IgG- sowie IgM-Antikörpern möglich ist. Eine Zielerreichung an dem Immunstatus auszurichten bedeutet, dass man alle Bürgerinnen und Bürger kontrollieren müsste. Das bindet wertvolle Kapazitäten im öffentlichen Gesundheitsdienst. Der Impfstatus ist demgegenüber mit einem Blick in den Impfausweis feststellbar und auch nicht weniger aussagekräftig. Eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent, bei der 1. und der 2. Masernimpfung, gilt laut Robert-Koch-Institut als sicherer Schutz, um die Infektionsketten zu unterbrechen und Immungeschwächte zu schützen. Da es sich bei der Masern-Impfung um einen Lebendimpfstoff handelt, ist ein „Überimpfen“ nicht möglich: auch ein Impfen bei bestehender Immunität oder nach vorhergehenden Impfungen ist unproblematisch, denn in diesem Fall werden die Impfviren durch die bereits bestehende Immunabwehr an ihrer Vermehrung gehindert. Und letztendlich ist auch die Blutabnahme bei Kindern für die Prüfung des Immunstatus nicht unproblematisch und für Kinder sicherlich nicht weniger kritisch wie eine Impfung - auch im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht.
Der Staat stellt keine Impfstoffe her, sondern regelt die Zulassung von Impfstoffen. Für die Masern-Impfung gibt es noch die Zulassung für einen Einzelimpfstoff. Das Unternehmen, das die Zulassung hält, stellt diesen Impfstoff jedoch nicht mehr her und lässt vermutlich die Zulassung auslaufen. Die Pharmanunternehmen folgen stattdessen der Empfehlung der unabhängigen Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut, das einen MMR-Kombinationsimpfstoff (Masern, Mumps, Röteln) empfiehlt. Diese Empfehlung basiert darauf, dass der Impfstoff sehr gut verträglich ist und somit mehrere Impfungen den Kindern erspart bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Brackmann