Frage an Norbert Brackmann von Dr. Claus G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie stehen Sie zu Erstellung eines Lobby-Registers? Ich möchte wissen, wer im Bundestag von wem Gelder mit dem Ziel erhält, bestimmte Interessen zu vertraten. Ich möchte wissen, wer die 6000 Lobbyisten in Berlin sind und für wen sie arbeiten. Verstehen Sie mich nicht falsch: Lobbyismus ist ein legales Instrument der Demokratie, aber es muss bekannt sein, wer für wen aktiv ist, im Bundestag und außerhalb.
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags hat sich am 11. Mai 2016 in einer öffentlichen Anhörung mit Experten zu den unterschiedlichen Vorschlägen eines verpflichtenden Lobbyistenregisters ausgetauscht. Dabei wurden jedoch erhebliche grundrechtliche Probleme deutlich, die gegen ein verpflichtendes Lobbyregister sprechen.
Eine gesetzlich geregelte Pflicht, in einem Lobbyistenregister etwa Daten zu Auftragsverhältnissen, der Mitgliederstruktur oder den finanziellen Aufwendungen zu veröffentlichen, könnte in das vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasste Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen. Laut Art. 19 Grundgesetz (GG) gilt, dass die Grundrechte ihrem Wesen nach auf juristische Personen Anwendung finden müssen. Auch juristische Personen können demnach selbst entscheiden, ob, wann und wie Informationen offenbart werden. Zudem schließt das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ein, weshalb die Offenlegung von Firmeninterna wie dem Budget für Lobbyarbeit nicht verlangt werden kann.
Erfolgt die Interessenvertretung in institutionalisierter Form, so ist zudem die Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) zu beachten. Und schließlich kann auch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) für die Übermittlung bestimmter Auffassungen an die Politik relevant sein.
Eine Verpflichtung der Abgeordneten anderseits, offenzulegen wann man sich mit wem getroffen oder gesprochen hat, ist mit der grundrechtlichen Garantie des freien Mandats (Art. 38 GG) nicht zu vereinbaren. Dieses gewährleistet jedem einzelnen Abgeordneten ein Recht auf vertrauliche Kommunikation mit Interessenvertretern.
Gerne können wir auch einmal persönlich miteinander telefonieren, um das Thema Lobbyismus und Lobbyismusregister näher zu erörtern. Bitte melden Sie sich dazu bei meinem Berliner Büro, die gerne einen Termin mit Ihnen abstimmen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Brackmann