Frage an Norbert Brackmann von Olaf K. bezüglich Innere Sicherheit
Hallo Herr Brackmann!
Ich möchte von Ihnen gern wissen, wie Sie am Freitag in der Syrien-Frage abstimmen werden.
Hintergrund: Art. 87 a des Grundgesetzes regelt die Verwendung der Bundeswehr, die demzufolge nur zur Landesverteidigung eingesetzt werden darf. Mir ist nicht bekannt, dass Syrien Deutschland oder der EU oder der Nato den Krieg erklärt hat. Der Kabinettsbeschluss zur Entsendung von Streitkräften nach Syrien ist eindeutig die Beteiligung an einem Angriffskrieg und damit grundgesetzwidrig.
Werden Sie also diesen Rechtsbruch der Bundesregierung mit tragen?
Sehr geehrter Herr Kriewald,
vielen Dank für Ihre E-Mail zu dem geplanten Einsatz der Bundeswehr gegen den Islamischen Staat (IS) in Syrien.
Ich kann Ihre Sorgen sehr gut nachvollziehen. Ein Militäreinsatz sollte immer das letzte Mittel sein, zumal die unterschiedlichen Akteure in Syrien verschiedene Interessen haben und Lösungen am Verhandlungstisch verkomplizieren. Dennoch werde ich morgen für einen Einsatz der Bundeswehr in Syrien stimmen.
Mit der Zustimmung zu diesem Einsatz stimmen wir nicht einem Angriff auf Syrien zu. Wir erklären nicht Syrien oder dem syrischen Volk den Krieg. Vielmehr dient der Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte der Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation des IS. Der Einsatz deutscher Streitkräfte erfolgt vorrangig im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation IS in Syrien. Die Anschläge in Tunesien, der Türkei, dem Libanon und gegen Russland haben gezeigt, dass die Terrororganisation IS weit über die derzeit kontrollierten Gebiete in Syrien und dem Irak hinaus eine globale Bedrohung für Frieden und Sicherheit darstellt. Mit den Anschlägen in Paris hat der IS die europäische freiheitliche Werteordnung direkt angegriffen.
Die Angriffe des IS auf zivile Einrichtungen in Paris aus heiterem Himmel und ohne Vorwarnung stellen eine neue Bedrohungslage dar. Dies ist ein Unterschied zu früheren Bedrohungslagen. Noch im Kalten Krieg bezog sich der „Verteidigungsfall“ auf das Angriffshandeln eines Völkerrechtssubjekts. In der Abwehr des internationalen Terrorismus ist ein solches Völkerrechtssubjekt jedoch nicht mehr gegeben. Der Staat muss aber auch dann, wenn die Sicherheit in terroristischen Ausnahmesituationen gefährdet wird, handlungsfähig bleiben.
Die Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte erfolgt im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit nach Art. 24 Absatz 2 Grundgesetz (GG).
Der französische Präsident Hollande hat Deutschland um militärische Unterstützung gebeten. Mit Frankreich hat sich erstmals ein EU-Mitgliedsstaat auf die in Art. 42 Absatz 7 EU-Vertrag verankerte Beistandsklausel berufen. Alle EU-Mitgliedstaaten haben den Antrag einhellig unterstützt und ihre Solidarität und Beistand zugesichert. Zudem war Deutschland von Beginn an Teil dieser Allianz und hat eine verantwortliche Position im Rahmen der Stabilisierungs-bemühungen übernommen.
Der Terror des IS betrifft alle, die in Frieden und in Freiheit leben wollen. Und genauso umfassend und geschlossen muss der Terror bekämpft werden. Daher befürworte ich die militärische Unterstützung Frankreichs. Die Bundeswehr wird den französischen Streitkräften im Kampf gegen den Terror beistehen.
Das militärische Engagement ist Teil einer breit angelegten Politik – aber nicht ihr Ersatz. Die in Wien begonnenen diplomatischen Anstrengungen für ein Ende des syrischen Bürgerkriegs werden fortgesetzt und man wird sich gerade nach dem Vorfall an der türkisch-syrischen Grenze dafür einsetzen, dass die wichtigen internationalen Partner Russland und die USA wie auch die regionalen Akteure Türkei, Iran, und Saudi-Arabien am Tisch bleiben.
Große Bedeutung kommt der politischen und gesellschaftlichen Stabilisierung der Region zu. Die muss gleich dort beginnen, wo Gebiete vom IS befreit worden sind, wie in Tikrit oder in Sindschar. Der gescheiterte Irak-Krieg zeigt unmissverständlich, dass es nachhaltigen Frieden nur geben kann, wenn nach der Konfliktsituation wieder echte Lebensperspektiven für die Menschen in ihrer Heimat entstehen.
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Brackmann