Frage an Norbert Brackmann von Dr. Claus G. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Brackmann,
In über 170 Ländern ist die Bestechung von Parlamentsabgeordneten strafbar. Warum haben Sie gegen schärfere Regeln gegen Abgeordnetenbestechung gestimmt?
Sehr geehrter Herr Gossler,
vielen Dank für Ihre E-Mail.
Die öffentliche Diskussion spiegelt den Standpunkt der christlich-liberalen Koalition nicht richtig wider. Es wird der Eindruck vermittelt, dass die Koalition gegen eine Strafverfolgung bei einem korrupten Verhalten von Parlamentsabgeordneten ist. Dieser Sachverhalt ist allein schon deshalb nicht haltbar, weil gemäß §108e des Strafgesetzbuches der Stimmenkauf sowie der Verkauf von Wahlen und Abstimmung strafbar ist. Mit dieser Regelung ist die Annahme von Bestehungsgeld des Abgeordneten unter Strafe gestellt.
Von Seiten der Opposition soll die vorliegende Regelung durch Ratifizierung der UN Konvention gegen Korruption erweitert werden, um hier Korruption im privatwirtschaftlichen sowie in den öffentlichen Bereichen zu verhindern. Jedoch ist die UN Konvention rechtlich so nicht mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar. Die UN Konvention unterscheidet hier nicht zwischen Amtsträgern und Abgeordneten. Abgeordnete sind im Unterschied zu Amtsträgern von ihren Handlungen her unabhängig von äußeren Einflüssen und sind nur gegenüber ihren Wählern sowie ihrem Gewissen verantwortlich. Als Teil des Gesetzgebungsorgans können sie anders als Amtsträger auch nicht einzelne Personen, Firmen etc. begünstigen. Allenfalls können sie durch allgemeingültige Regelungen ganze gesellschaftliche Gruppen, Branchen etc. bevorzugen.
Genau hier wo die UN Konvention erweitert werden soll, ist diese nicht kollisionsfrei zu den Anforderungen des Grundgesetzes. Das Grundgesetz verlangt eine genaue Abgrenzung zwischen den zulässigen, nicht strafbaren Einflussnahmen und den strafbaren Einflussnahmen des Abgeordneten. Genau hier kann im Einzelfall ein Widerspruch zu der in der Verfassung verankerten Freiheit der Ausübung des Abgeordnetenmandats entstehen. Dieser Sachverhalt wurde von rechtswissenschaftlichen Experten hervorgehoben. Leider konnten sich Rechtswissenschaftler und die Fraktionen des Deutschen Bundestages bisher nicht auf klare Formulierungen einigen, die diese rechtliche Grauzone regeln. Nach wie vor ist die Koalition nicht gegen die UN Konvention. Jedoch muss aufgrund der geschilderten Rechtsgrundlage diskutiert werden, wie eine Umsetzung ohne die Verletzung des Grundgesetzes darstellbar ist und auch die Abgeordneten eindeutige Vorgaben haben. Einer UN-Konvention zuzustimmen und damit nur Unsicherheit zu produzieren hilft Niemandem!
Aus diesem Grund habe ich gegen die UN Konvention, welche nach schärferen Regeln gegen Abgeordnetenbestechung verlangt, gestimmt. Auch der Korruptionswahrnehmungsindex 2012 von Transparency International zeigt Deutschland auf einem guten 13. Platz von 174. Hier zeigt sich der Erfolg im Bereich der Korruptionsbekämpfung.
Ich hoffe, dass ich Ihnen meinen Standpunkt darlegen und zufriedenstellend erläutern konnte.
Viele Grüße
Ihr Norbert Brackmann