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Norbert Brackmann
CDU
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Frage von Benedikt B. •

Frage an Norbert Brackmann von Benedikt B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Brackmann,

ich beziehe mich auf Ihre Teilnahme an der Sendung "Kontrovers" vom 26.11.2012 im Deutschlandfunk mit dem Titel "Griechenland und die Euro-Krise" [1]. Dort konnten oder wollten Sie trotz mehrmaliger Nachfrage keine konkreten Vergleichszahlen nennen, was ein Schuldenschnitt oder ein Austritts Griechenlands aus dem Euro im Vergleich zur derzeit praktizierten Austeritätspolitik kosten würde. Sie betonten jedoch immer wieder, dass "uns" eine solche Maßnahme mehr kosten würde, als der derzeitige Kurs. Können Sie zumindest ausführen, wen dieses "uns" konkret umfasst? Handelt es sich hierbei um Kosten, die aus dem Staatshaushalt zu bezahlen wären, oder wären damit vorwiegend privatwirtschaftliche oder private Anleger betroffen, die in griechische Wertpapiere investiert haben?

Zudem musste die die Bundesregierung Ende vergangenen Jahres selbst einräumen, dass sich der Sparkurs nachteilig auf die zu erwartende wirtschaftliche Entwicklung auswirken könnte [2], was zusätzlich durch die Einschätzung des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung gestützt wird [3], dass der aktuelle Sparkurs in der aktuellen Situation zu einem Schrumpfen der Wirtschaft -- nicht nur Griechenlands sondern Europas -- führt [4]. War Ihnen dieser Umstand zum Zeitpunkt der genannten Deutschlandfunk-Sendung bereits bekannt? Wie erklären Sie, dass unter diesen Umständen der der derzeitige Kurs trotzdem unverändert weiter verfolgt wird?

Vielen Dank für Ihre Antworten

[1] http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/11/26/dlf_20121126_1010_d5ef4d93.mp3
[2] http://dokumente.linksfraktion.de/inhalt/antwort-bundesregierung-17-11797.pdf
[3] http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_79_2013.pdf
[4] http://www.heise.de/tp/artikel/38/38312/1.html

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Bauer,

vielen Dank für Ihr Schreiben.

In der Tat wäre ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone – zumal schwer kalkulierbar – in meinen Augen die mit Abstand teuerste Lösung. Die direkten Kosten eines Ausscheidens haben zahlreiche Wirtschaftsinstitute (ifo-Institut, Kieler Institut für Weltwirtschaft) auf ca. 90 Milliarden Euro beziffert. Nicht berücksichtigt sind die unkalkulierbaren Folgen für die deutsche Wirtschaft.

Dem gegenüber stehen die beiden Hilfsprogramme für Griechenland. Im Rahmen des ersten Programms sind bereits 73 Mrd. Euro ausbezahlt worden (Anteil Eurozone: 52,9 Mrd. Euro; IWF: 20,1 Mrd. Euro). Der deutsche Anteil der ausgezahlten Mittel im Rahmen des ersten Programms beträgt 15,17 Mrd. Euro. Das zweite Griechenlandprogramm umfasst Kredite im Umfang von 164,4 Mrd. Euro (Anteil Eurozone durch EFSF: 144,6 Mrd. Euro; IWF: 19,8 Mrd. Euro), von denen insgesamt 109,8 Mrd. Euro ausgezahlt worden sind. Der deutsche Gewährleistungsrahmen für ausgezahlter Mittel im Rahmen des zweiten Griechenlandprogramms beträgt derzeit 50,7 Mrd. Euro.

Im Falle eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone müssten die im Rahmen der Hilfsprogramme vergebenen Kredite komplett abgeschrieben werden. Dies wider-spricht unseren Vorstellungen. Nach wie vor unterstützen wir den griechischen Staat in seinen Konsolidierungsanstrengungen und Reformmaßnahmen. So haben wir am 30. November 2012 im Deutschen Bundestag weiteren Rettungsmaßnahmen für Griechenland zugestimmt. Diese umfassen Zinssenkungen über Verlängerungen der Laufzeiten der Kredite, eine weitere Tranche über insgesamt 43,7 Milliarden Euro aus dem bestehenden Griechenlandprogramm sowie eine Selbstverpflichtung der Euro-Staaten, ab dem Haushaltsjahr 2013 Gewinne aus den Anleihe-Ankaufprogrammen der Europäischen Zentralbank, die bei den nationalen Notenbanken (in Deutschland bei der Deutschen Bundesbank) eingehen, auf Griechenlands Sonderkonto zu überweisen. Diese Entscheidung der Euro-Gruppe unterstütze ich, da wir aus der schwierigen Lage Griechenlands keinen Profit machen wollen. In den kommenden zwei Jahren entgehen dem Bund und damit dem Steuerzahler hierdurch maximal 2,7 Mrd. Euro. Hinzu kommen die geringeren Zinseinnahmen von jährlich 130 Millionen Euro. Die genannten Vorteile sollen Griechenland aber nur dann zufließen, wenn das Land seine Reformen auch tatsächlich umsetzt.

Entgegen der allgemeinen Auffassung gibt es in Griechenland aber einen deutlich erkennbaren Prozess, dass sich das Land auf dem richtigen Weg befindet. So hat die Troika (EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds), zusätzlich zu den im Frühjahr 2012 mit Griechenland ausgehandelten Maß-nahmen, den Griechen weitere Maßnahmen auferlegt, um wieder auf den ursprünglichen Anpassungspfad zurückzukommen. Diese Maßnahmen hat Griechenland in einem weiteren Sparpaket (u.a. Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre, Entlassung von rund 2.000 Staatsbediensteten mit Beginn des Jahres 2013, Senkung des Mindestlohns, 30% weniger Gehalt für Angestellte im öffentlichen Dienst, Einsparungen im Gesundheitswesen von 1,5 Mrd. Euro sowie Streichung des Kindergelds für Familien, die mehr als 18.000 Euro verdienen) umgesetzt. Diese und weitere fast 70 so genannte vorrangige Maßnahmen („Prior actions“) musste Griechenland um-setzen, bevor die nächste Tranche an Hilfsgeldern im Dezember 2012 ausgezahlt worden ist.

Nach Angaben des Bundesministerium der Finanzen hat sich die griechische Staatsverschuldung im Zeitraum 2010 bis 2012 insbesondere aufgrund des Schuldenrückkaufprogramms und der Privatsektorbeteiligung wie folgt entwickelt: 2010: 328,6 Mrd. Euro; 2011: 355,8 Mrd. Euro; 2012 312,3 Mrd. Euro.

Eine öffentlich verfügbare Gesamtübersicht der griechischen Staatsverschuldung mit einer Liste der griechischen Gläubiger gibt es nicht. Dennoch kann ich Ihnen mitteilen, dass öffentliche Gläubiger nach Abschluss des Schuldenrückkaufprogramms derzeit 72,4% der griechischen Staatsschulden halten.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Brackmann