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Norbert Brackmann
CDU
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Frage von Angelika G. •

Frage an Norbert Brackmann von Angelika G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Brackmann,

als verantwortungsvolle Bürgerin und Mutter dreier Kinder, die auch die Zukunft unserer Gesellschaft im Auge hat, möchte ich Sie um eine Stellungnahme Ihrer Entscheidung zum ESM befragen und - vielleicht auch wie viele andere Bürger und Bürgerinnen - meine politische Unterstützung an der Wahlurne stark von Ihrer Haltung in dieser essentiellen Zukunftsfrage abhängig machen.

Schuldenbasierte Transferunion, Haftungsgemeinschaft sowie Abgabe des Haushalts- und Budgetrecht der nationalen Parlamente an einen EU-Gouverneursrat -dieser soll über ein Budget in Höhe von zunächst 700 Milliarden Euro verfügen, das binnen 7 Tage von den Euro-Mitgliedsländern eingefordert und zudem unbegrenzt erhöht werden kann. Außerdem sollen die EU-Gouverneursmitglieder volle Immunität genießen und sind somit jeglicher rechtlicher Kontrolle entzogen.

Grundlage hierfür ist der erst vor kurzem bekannt gewordene Vertragsentwurf zum sog. "Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)", über den Sie als Mitglied des Deutschen Bundestages Anfang 2012 entscheiden werden. Deutsche Steuergelder sollen für die Schuldenpolitik anderer EU-Länder geradestehen. Wir sollen arbeiten, damit die Banken keine Verluste machen. Dem Steuerzahler wird Zwangssolidarität verordnet. Die Banken sind auf freiwilliger Basis dabei. Uns Bürgern gesteht man diese Freiwilligkeit nicht zu. Wir müssen zahlen. Der ESM-Vertrag darf deshalb den Deutschen Bundestag nicht passieren!

Ich fordere Sie daher auf, sich politisch für ein klares Bekenntnis gegen den ESM-Vertrag und die EU-Schuldenunion auszusprechen. Sie haben es in der Hand, daß der Steuerzahler nicht weiter belastet wird. Eine verfehlte EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik ist nicht in unser aller Sinne – werden Sie dem ESM-Vertrag zustimmen oder ihn ablehnen? Haften Sie und auch alle Politiker, die dafür stimmen, persönlich mit Ihrem Vermögen für diese verhängnisvolle Fehlentscheidung ?

Mit freundlichen Grüßen
A. Gerhardt
Dipl.-Soz.Ökonomin

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Gerhardt,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Dem ESM-Vertrag werde ich zustimmen und kein Abgeordneter haftet mit seinem persönlichen Vermögen für Entscheidungen des Deutschen Bundestages.

Ihre Sorge vor einer Transferunion kann ich sehr gut nachvollziehen, weshalb ich in meiner Tätigkeit im Haushaltsausschuss gemeinsam mit meinen Kollegen der CDU/CSU-Fraktion immer darauf geachtet habe, dass alle Finanzmittel aus europäischen Hilfsprogrammen an strenge Bedingungen geknüpft sind. Was wir derzeit in Griechenland erleben ist der starke innenpolitische Druck, der entsteht, wenn sich Regierungen diesen Bedingungen beugen müssen, um als letzten Ausweg aus der Schuldenkrise europäische Hilfen anzunehmen. Die Auswirkungen für die Bevölkerung sind enorm und ich habe großen Respekt vor den Griechen, auch wenn diese harte Zeit durch Verfehlungen der Vergangenheit unausweichlich geworden ist.

Hauptzweck dieser Bedingungen ist es, die betreffenden Länder durch Reformen wieder auf eine solide finanzielle Basis zu stellen. Daneben machen es genau diese Bedingungen für Regierungen höchst unattraktiv, Finanzhilfen anzunehmen, wenn dies nicht zwingend notwendig ist. Der EFSF und der ESM bleiben der letzte Ausweg.

Weiterhin haben wir als Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag eine umfassende Parlamentsbeteiligung durchgesetzt. Im geplanten Gouverneursrat, dem zentralen Organ des ESM, wird der deutsche Vertreter immer mit Nein stimmen müssen, wenn der Bundestag nicht vorher zugestimmt hat. Da die Stimmrechte im Gouverneursrat nach Kapitalanteil verteilt sind, besitzt die Bundesrepublik mit rund 28 Prozent eine Sperrminorität für alle wichtigen Entscheidungen.

Der permanente Mechanismus ESM und sein Vorgänger EFSF sind notwendig. Denn eine unkontrollierte Insolvenz ganzer Staaten hätte weitreichende Folgen. Nicht nur für die Banken, wie oft suggeriert wird, sondern auch für Lebensversicherungen und andere institutionelle Anleger, die in, früher als sicher geltende, Staatsanleihen investiert haben. In der zweiten Runde würden sich die Ausfälle, wie bei der Finanzkrise, auf die Kreditvergabe und damit auf die Finanzierung der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland auswirken. Die Bundesrepublik und der Euroraum würden in eine schwere Rezession abgleiten. Dies bedeutet mehr Arbeitslose und mehr Kosten für Sozialleistungen, die auch der Steuerzahler aufbringen müsste. Daher sind die Hilfsmaßnahmen immer eine Abwägung zwischen möglichen finanziellen Auswirkungen. Keinesfalls wäre keine Hilfe günstiger als der beschrittene Weg, wie oft suggeriert wird.

Lassen Sie mich abschließend noch auf die weit verbreitete Ansicht eingehen, die Immunität der Gouverneursratsmitglieder und des ESM-Sitzes sowie seines Vermögens seien ein ungewöhnlicher Vorgang. Dies ist mitnichten der Fall. Vielmehr ist es bei internationalen Organisationen die Regel, dass Immunitäten diese vor dem Zugriff der Einzelstaaten schützt. So finden sich teilweise wortgleiche Formulierungen in den einschlägigen Dokumenten der Vereinten Nationen und der NATO.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Brackmann