Unterstützen Sie den Stopp der Importe von fossilen Brennstoffen aus und von Russland?
Im Zuge des Russland - Ukraine Krieges erachte ich es als fatal, dass wir als Unterstützer der Ukraine weiterhin Geld nach Russland überweisen und indirekt diesen Angriffskrieg finanzieren. Lieber tanke ich teurer und heize sparsamer als den Beschuss von Zivilisten zu finanzieren.
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 05. März 2022 bezüglich des Stopps der Importe von fossilen Brennstoffen aus und von Russland.
Über die vergangenen Jahre haben wir uns leider in eine Abhängigkeit von russischem Gas und Kohle manövriert, die wir nicht zuletzt vor dem Hintergrund des schrecklichen Krieges in der Ukraine so schnell wie möglich beenden müssen. Doch nicht nur beim Gas, sondern auch bei sämtlichen anderen fossilen Energieträgern müssen wir unsere internationalen einseitigen Abhängigkeiten schnellestens reduzieren und beenden. Demnach unterstützen wir den Importstopp grundsätzlich. Seit dem Eingang Ihrer Frage hat sich die Situation weiter verschärft und die Lage wird kontinuierlich eruiert und neu bewertet. Die Entscheidung über einen Importstopp für russische Brennstoffe wird allerding nicht im Landtag von Baden-Württemberg, sondern auf europäischer oder Bundesebene getroffen. Wir stehen in engem Kontakt mit diesen Ebenen.
Unsere Strategie ist dabei grob in drei Zeithorizonte eingeteilt. Mittel- und langfristig gilt es, den Ausbau der erneuerbaren Energien noch weiter zu beschleunigen. Dazu gibt es seit 2021 eine fachlich versierte Task Force in Baden-Württemberg, um die Geschwindigkeit der Planungsverfahren bezüglich erneuerbaren Energien zu verdoppeln und bürokratische Hürden abzubauen. Eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken ist für uns keine realistische Option, zumal die Genehmigungsverfahren zur Verlängerung recht kompliziert sind. Diese Möglichkeit wurde übrigens auch ergebnissoffen von den Grünen Bundesministerien für Umwelt bzw. Wirtschaft und Klimaschutz überprüft. Dies macht klar, welch hohen Stellenwert wir der Lösung der Energiekrise beimessen. Wir setzen auf langanhaltende Inestitionen in die Zukunft: Tiefengeothermie, Solarthermie, die Nutzung industrieller Abwärme und den Einsatz von Wärmepumpen, um dadurch eine nachhaltigere Wärmegewinnung zu garantieren.
Für die schnellstmögliche Beendigung der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen erarbeitet die Bundesregierung aktuell eine Strategie zur Diversifizierung der Lieferbeziehungen. Ziel ist es, von der Lieferung von russischer Kohle und russischem Öl noch in diesem Jahr unabhängig zu werden. Beim Gas zeigt sich diesbezüglich leider aktuelle nur eine mittelfristige Perspektive von max. 2-3 Jahren auf, bis hierauf vollständig verzichtet werden kann. Dieser Zeitraum soll aber unbedingt verkürzt werden, was durch europäische Zusammenarbeit erreicht werden kann. Außerdem hat die Frage der Bezahlung von Gaslieferungen durch die zwischenzeitliche Ankündigung, nur noch Russische Rubel zu akzeptieren, eine neue Dynamik bekommen. Die G7-Staaten haben sich diesem Erpressungsversuch widersetzt. Zugleich muss man der Tatsache ins Auge blicken, dass sich durch Putins Manöver eine fadenscheinige Begründung für ihn eröffnet, die Gaslieferungen zu stoppen.
Trotzdem müssen wir auch betrachten, dass abrupte Preissteigerungen im Energiesektor, wie sie jetzt schon stattfinden, auch soziale Verwerfungen im privaten wie industriellen Bereich mit sich bringen können - insbesondere bei finanziell schwächer aufgestellten Menschen. Zugleich setzen wir darauf, dass nun ein Umdenken auch in der Bevölkerung stattfindet, die dringend notwendige Handlungsänderungen umzusetzen: Das Rad auf kürzeren Strecken verwenden, in PV-Anlagen investieren, die Heizung auf erneuerbare Energien umstellen und weiteres. Es forciert unsere Motivation und ist Ansporn, an den Alternativen zu arbeiten, wie den ÖPNV, der Schienen- und Fahrradinfrastruktur, und schnellstmöglich Ersatz für unsere aktuellen fossilen Energieträger zu finden. Ein wichtiger, abschließender Aspekt bei der Entscheidung ob ein Embargo verhängt wird oder nicht ist auch, dass ein solches keine kurzzeitige Aktion sein darf, sondern über mehrere Wochen, wenn nicht gar Monate oder Jahre als "Marathon" durchhaltbar sein muss. Diese Situation stellt schlussendlich ein Dilemma dar. Und so sind leider auch weder die Hoffnungen auf ein schnelleres Ende des Krieges nicht gewiss, als auch die Folgen für Wirtschaft und den sozialen Frieden absehbar. Eins kann ich jedoch versichern: Mit jedem weiteren Tag sagen wir uns weiter los von fossilen Energieträgern und ihren meist autokraitschen Lieferanten. Wir arbeiten seit jeher täglich daran!
Vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich hoffe sehr, dass dies für Sie nachvollziehbar ist und Sie Verständnis für unsere schwierige Position haben. Bei weiteren Anliegen oder Rückfragen dürfen Sie sich jederzeit an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Niklas Nüssle MdL