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Nicolette Kressl
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Frage von eberhard g. •

Frage an Nicolette Kressl von eberhard g. bezüglich Wirtschaft

Betrifft: Dividenden von Unternehmen, die vom Staat unmittelbar oder mittelbar unterstützt werden

Sehr geeehrte Frau Kressl,

finden Sie (oder Herr Steinbrück) es gut, wenn Unternehmen, die vom Staat unmittelbar oder mittelbar unterstützt werden oder wurden an ihre Aktionäre Dividenden ausschütten ?
Was wollen Sie dagegen unternehmen ?

MfG
Gruber

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Sehr geehrter Herr Gruber,

aus Ihrem Beitrag meine ich herauszulesen, dass Sie vor dem Hintergrund der schweren Finanzkrise und des staatlichen Rettungsschirms eine Dividendenausschüttung an Aktionäre für unangemessen halten.

Ähnlich betrachten wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten diese Situation. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat wiederholt betont, dass Unternehmensgewinne derzeit der Erhaltung von Arbeitsplätzen zugute kommen sollten. Wörtlich sagte er Anfang Februar in einem Zeitungsinterview: "Unternehmen haben in dieser Krise eine besondere Verantwortung gegenüber ihren Beschäftigten. Sie sollten - wenn sie 2009 überhaupt Gewinne machen - diese nicht als Dividenden ausschütten, sondern in erster Linie nutzen, um ihre Unternehmen zu stabilisieren." Dies gelte insbesondere für Unternehmen, die staatliche Hilfen in Anspruch genommen hätten.

So wird z.B. die Commerzbank in diesem Jahr keinen Dividenden auszahlen. Der Staat hält seit Januar einen Anteil von 25 Prozent an der Bank – weshalb eine Gewinnausschüttung an die Aktionäre in dieser prekären Situation nicht erlaubt ist. Denn für alle, die unter dem Rettungsschirm des sog. Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) sind und staatliches Kapital erhalten haben, gibt es ein Dividendenausschüttungsverbot.

Es zeichnet sich ab, dass in diesem Jahr weit weniger Dividenden als 2008 ausgeschüttet werden. 2008 hatten die 30 größten deutschen Konzerne im Deutschen Aktienindex Dax mehr als 28 Milliarden Euro an die Aktionäre überwiesen.

Wirtschaft und Politik stehen gemeinsam in der Verantwortung. Der Staat hat durch die getroffenen Hilfsmaßnahmen und durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz diese auch nachhaltig übernommen. Nun stehen die Unternehmen in der Pflicht. Nur gemeinsam kann es gelingen, Stabilität und Sicherheit wiederherzustellen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Mittelbadische SPD-Bundestagsabgeordnete

Nicolette Kressl

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Zur Ergänzung sind noch folgende Informationen relevant:

Eine staatliche Unterstützung für Unternehmen ist kein Novum. Sie kann volkswirtschaftlich sinnvoll sein und wird von der Bundesregierung zur Beschäftigungssicherung und Investitionsförderung schon immer in vielfältiger Form betrieben. Hierzu zählen bspw. die Mittelstands- und Innovationsförderung mittels zinsvergünstigter Kredite über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder Zuschussprogramme der Ministerien für Wirtschaft und Technologie sowie Bildung und Forschung. Weitere wichtige Bestandteile der Förderung sind die Bürgschaftsprogramme des Bundes, die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" mit Fokus auf Unternehmen in strukturschwachen Regionen, Hilfen für den Bergbau und allgemein vorteilhafte Rahmenbedingungen. Auch die Fokussierung auf bestimmte Industrien und Branchen, wenn als volkswirtschaftlich zweckmäßig eingestuft, ist kein neues Element staatlicher Wirtschaftsförderung.

Aufgrund der Intensität der aktuellen Wirtschaftskrise sind Erleichterungen für den Erhalt staatlicher Zuwendungen dringend geboten.

Auch die Unterstützung systemrelevanter Branchen, wie des Finanzsektors, ist unverzichtbar. Die Besonderheiten der Stabilisierungsmaßnahmen für Unternehmen des Finanzsektors sind im Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG) bzw. in der Finanzmarktstabilisierungsfonds-Verordnung (FMStFV) geregelt. § 5 der FMStFV legt die Bedingungen für die Gewährung von Stabilisierungsmaßnahmen fest. Danach sollen begünstigte Unternehmen eine solide und umsichtige Geschäftspolitik gewährleisten. Unternehmen, die Rekapitalisierungsmaßnahmen in Anspruch nehmen, sollen z.B. während der Dauer der Maßnahme grundsätzlich keine Dividenden ausschütten und die Vergütung ihrer Organmitglieder und Geschäftsleiter auf ein angemessenes Maß begrenzen (s. Anhang, §5, Abs. 5).

Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, die Kapital an den Kapitalmärkten aufnehmen wollen, müssen eine attraktive Verzinsung in Form von Dividenden gewähren. Die Kapitalgeber werden an den Chancen und Risiken der Unternehmen beteiligt. Werden Gewinne erwirtschaftet, wird das Kapital mittels Dividenden verzinst; schreibt das Unternehmen Verluste, wird auch das Verlustrisiko durch Ausbleiben der Dividenden von den Kapitalgebern mitgetragen. Dieser Mechanismus behält auch Gültigkeit für Unternehmen, die staatliche Förderung in Anspruch nehmen. In der aktuellen Situation sind die Unternehmen mit deutlichen Umsatzrückgängen konfrontiert, die sich auch negativ auf die möglichen Dividendenausschüttungen auswirken. Für eine Intervention der Bundesregierung wird demzufolge kein Anlass gesehen.