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Nicolette Kressl
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Frage von Rolf G. •

Frage an Nicolette Kressl von Rolf G. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Kressel,

mich interessiert Ihre Meinung zum neuen Anlagenbegriff des § 19 Abs. 1 EEG 2009 sowie der fehlenden Übergangsbestimmung für Bestandsanlagen.

Durch rein private Investitionen über rund 500 Mio. EUR wurden im Vertrauen auf und unter Geltung des EEG 2004 Biogasanlagen in Deutschland errichtet. Der neue Anlagenbegriff des EEG 2009, der auch rückwirkend für Bestandanlagen gilt, macht den Betrieb dieser Anlagen mit einem Federstrich unwirtschaftlich. In Penkun (schon mehrfach bei anderen Abgeordneten diskutiert) würden z.B. nicht einmal mehr die Betriebskosten vor Finanzierungskosten gedeckt! Dies führt zwangsläufig zu einer steuerlichen Vollabschreibung der Gesamtinvestitionen im Jahre 2009 und belastet den Bundeshaushalt mit Steuerausfällen zwischen 200 und 250 Mio. EUR! Vor dem Hintergrund des erklärten Zieles der Förderung alternativer Energien und der derzeitigen wirtschaftlichen Belastungen wäre das doch ein absurdes Ergebnis! Hierzu addieren sich noch erhebliche Kosten für die Allgemeinheit, die sich durch die Vernichtung von Arbeitsplätzen (Anlagenbetreibern, Zulieferer) in strukturschwachen Gebieten ergeben.

Wie ist es erklärbar, weshalb die Investoren und Arbeitnehmer durch die Verzögerungstaktik des BMU und Teilen der SPD Fraktion (geführt durch den stv.SPD Fraktionsvorsitzenden, Herrn Kelber) um ihre Ersparnisse bzw. um ihre Arbeitsplätze gebracht werden sollen, wenn als Resultat dieses verfassungsrechtlich fragwürdigen Gesetzgebungsverfahrens zusätzliche fiskalische Einbußen für den Staat die Konsequenz sind? Der anhängige Antrag des Bundesrates zur Ausdehnung des Vertrauensschutzes wird nur noch von Teilen der SPD blockiert. Wie können Sie ein solches Verhalten rechtfertigen und welchen Beitrag können Sie leisten, dass eine Übergangsbestimmung zum Anlagenbegriff zum Schutz der Ersparnisse, der Arbeitsplätze und des Vertrauens in das EEG aufgenommen wird ?

Besten Dank für Ihre Stellungnahme!

Rolf Glück

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Glück,

für Ihre Anfrage danke ich Ihnen und nehme gerne hierzu Stellung.

Im EEG sind Vergütungssätze für Biomasseanlagen geregelt, die zwischen kleinen und großen Biomasseanlagen differenzieren und nach der Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Größenklasse bestimmt sind. Im EEG2004 war nach § 3 Abs. 2 geregelt, dass mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien unter bestimmten Voraussetzungen als eine Anlage im Sinne der Vergütung zu behandeln sind.

Einzelne Betreiber von Biomasseanlagen haben in Kenntnis dieser Vorschrift die Anlagen gleichwohl modulartig aufgebaut - was dem eigentlichen Gesetzeszweck des § 3 Abs. 2 zuwiderlief und damit folglich auch kein Anspruch auf den erhöhten Vergütungssatz bestand.

Dies wurde bereits im August 2006 – also vor mehr als 2,5 Jahren - auf Antrag des Bundesrates von der Bundesregierung ausdrücklich festgestellt.

Diese bestehende Vollzugslücke wurde daraufhin – auf Vorschlag der Bundesregierung und von beiden Koalitionsfraktionen verabschiedet - im Rahmen des EEG 2009 in § 19 klargestellt. Die Regelung ist inhaltlich identisch mit der bisherigen Regelung aus dem EEG 2004 – also keine Neuregelung, weshalb sich auch nicht die Frage des Bestandschutzes stellt.

Ich kann gut verstehen, dass Anleger aufgrund der bestehenden Gesetzeslage einen Kapitalverlust befürchten. Möglicherweise könnten Sie prüfen oder durch die örtliche Verbraucherzentrale prüfen lassen, ob es beim Abschluss entsprechender Verträge zwischen Unternehmen und Anleger bzw. durch Vermittlung der beratenden Bank keine Hinweise auf eventuell bestehende Risiken gegeben hat. Hier könnten sich ggf. Regressansprüche gegen das Unternehmen oder gegen die beratende Bank ergeben. Es muss natürlich in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen.

Diesbezüglich wurde auch in Internet-Foren, die sich mit Fondsgesellschaften befassen, schon 2006 darauf hingewiesen, dass die Risiken hinsichtlich des Nawaro-Bonus beim Fonds und somit beim Anleger liegen und nicht vom Betreiber getragen werden.

Zusätzlich möchte ich ergänzende Hinweise zu den in diesem Zusammenhang oft gestellten Verfahrensfragen geben:

Zu dem vom Bundesrat im November beschlossenen Änderungsantrag hat die Bundesregierung (nach Abstimmung mit den einzelnen Ressorts) unter Wahrung der auf 9 Wochen verlängerten Frist am 30.01.2009 eine Stellungnahme abgegeben. Hierin wird empfohlen, den Ausgang von Verfassungsbeschwerden und Anträgen auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung zur Geltung des § 19 EEG für bestehende Anlagen, die beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind, abzuwarten. Die grundgesetzlich vorgeschriebenen Verfahren sind also erfüllt.

Ausgehend von dieser Stellungnahme der Bundesregierung wird auch die SPD-Bundestagsfraktion auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bewerten, ob und in welcher Form ein Anpassungsbedarf beim EEG 2009 besteht.

Mit freundlichem Gruß

Nicolette Kressl, MdB