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Nicolette Kressl
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Frage von Fabian R. •

Frage an Nicolette Kressl von Fabian R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Kressl

als Angestellter mit einer zu erwartenden Altersrente von € 1200 bin ich überrascht/empört über die Rentenansprüche von Beamten und deren Berechnung: bereits nach wenigen Jahren hat ein Beamter den gleichen Anspruch, den ich nach einem ganzen Arbeitsleben habe; die Höhe der Rente bemisst sich nach den letzten paar Berufsjahren, in denen der Beamte am besten verdient, wohingegen meine Rente das gesamte Berufsleben einbezieht; die Höhe von über 70% des letzten Nettogehaltes ist im Vergleich zu meinem Rentenniveau sehr großzügig bemessen ...). Was spricht gegen eine mittelfristige Angleichung des Rentenniveaus zwischen Rentnern und Pensionären? Es war doch auch möglich, das Rentenniveau radikal zu senken. Ich bin mir bewußt, daß die Finanzierung der Rente bei beiden Berufsgruppen unterschiedlich erfolgt, aber wenn ein Beamter weiß, daß er 20, 30 oder 40 Jahre Zeit hat, neben einer geringeren Pension privat vorzusorgen, dann steht es ihm ja frei, daß zu tun. Wir Angestellte haben ja auch keine andere Wahl und da Beamte nicht in die Sozialversicherung einbezahlen, haben Sie (trotz durchschnittlich geringerem Bruttoentgelt) netto mehr übrig als Angestellte.

In Erwartung Ihrer Meinung hierzu verbleibe ich
Mit freundlichen Grüssen
Fabian Roolf

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Roolf,

das Grundsatzprogramm der SPD enthält genau die Forderung, die Sie auch haben. Nämlich langfristig alle Erwerbstätigen, auch Beamte, in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Im Wortlaut heißt es:

"Wir wollen die gesetzliche Rentenversicherung langfristig auf alle Erwerbstätigen ausdehnen. Dabei halten wir am Erwerbseinkommen und an der Erwerbsdauer als Maßstab für die Rentenhöhe fest."

Allerdings kann ein solcher Schritt nicht kurzfristig verwirklicht werden, weil wesentliche Elemente der Beamtenversorgung durch Artikel 33 des Grundgesetzes geschützt sind. Außerdem kann der Bund seit der sog. Föderalismusreform nur noch die Versorgung der Bundesbeamten und Berufssoldaten regeln. Für die weitaus größere Zahl der Landesbeamten liegt die Gesetzgebungszuständigkeit seitdem beim jeweiligen Land. Die zunächst erforderlichen Änderungen des Grundgesetzes bedürften einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, die auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist.

Das Grundsatzprogramm der SPD geht weiterhin davon aus, dass die gesetzliche Rentenversicherung durch Betriebsrenten oder öffentlich geförderte private Vorsorge ergänzt wird. Dementsprechend könnte die Beamtenversorgung nicht allein durch die Rentenversicherung ersetzt werden. Vielmehr müsste die Beamtenschaft dann, wie jetzt schon die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes, ergänzend bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert werden. Da die Beamtenversorgung eine beitragsfreie Versorgung ist, müsste bei ihrer Ablösung durch Rentenversicherung und Betriebsversorgung damit gerechnet werden, dass die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes eine Erhöhung der Bruttobezüge fordern würden, um die künftige Beitragsbelastung auszugleichen. Außerdem würden bestehende Beamtenverhältnisse bzw. erworbene Versorgungsanwartschaften weitgehend unberührt bleiben müssen.

Auch wenn ein grundlegender Wechsel im System der Beamtenversorgung bis auf weiteres nicht stattfinden kann, können Änderungen des Rentenrechts trotzdem wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen werden, wie es schon in der Vergangenheit geschah. So ist mit dem Versorgungsänderungsgesetz 2001 der sogenannte Riester-Faktor, mit dem die Rentensteigerungen vermindert werden, in die damals noch bundeseinheitliche Beamtenversorgung übernommen worden. Dieser Faktor wird im kommenden Jahr bereits zum sechsten Mal in der Beamtenversorgung angewendet, während er in der Rentenversicherung für die Jahre 2008 und 2009 ausgesetzt wurde. Ursprünglich war auch geplant, den in der Rentenversicherung ab 2005 zusätzlich eingeführten Nachhaltigkeitsfaktor im Beamtenversorgungsrecht umzusetzen. Der Entwurf des von uns eingebrachten Versorgungsnachhaltigkeitsgesetzes ist jedoch durch das vorzeitige Ende der vergangenen Wahlperiode im Sommer 2005 gescheitert. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der Nachhaltigkeitsfaktor in der gesetzlichen Rentenversicherung bisher nicht im erwarteten Umfang wirksam werden konnte. Deshalb sieht der Entwurf eines Dienstrechtsneuordnungsgesetzes jetzt vor, dass bis Ende 2011 unter Berücksichtigung der allgemeinen Entwicklung der Versorgungssysteme zu prüfen ist, ob die bisherigen und künftigen Einschnitte in der Beamtenversorgung des Bundes ausreichen. Mit diesem Gesetzentwurf wird auch die 2012 beginnende gleitende Anhebung der Regelaltersgrenze in der Rentenversicherung von 65 auf 67 Jahre in die Versorgung der Bundesbeamten übernommen. Ebenso wird die weitgehend eingeschränkte Berücksichtigung von Ausbildungszeiten wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen.

Im übrigen hat der Bund zum 1. Januar 2007 einen Versorgungsfonds errichtet, mit dem die künftigen Versorgungslasten für neu eingestellte Beamte gedeckt werden. Damit wird der Bundeshaushalt nicht erst in der Zukunft, sondern zeitnah mit den Versorgungskosten belastet, womit der bisherige Anreiz entfällt, wegen des scheinbaren Kostenvorteils eher Beamte als Tarifbeschäftigte einzustellen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre mittelbadische SPD-Bundestagsabgeordnete
Nicolette Kressl