Frage an Nicolette Kressl von Oliver P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Kressl,
zunächst einmal vielen Dank für Ihren sachlichen Beitrag zur Erhöhung der Diäten.
Ich will auch betonen, dass mir der erhebliche zeitiche Aufwand Ihrer Beanspruchung bekannt ist, d.h. das Amt des MdB sicher nicht unter dem Gesichtspunkt "money making" erste Wahl ist.
Soll es aber auch nicht, denn es ist im traditionellen Sinne ein ehrenvolles Amt, wenn auch kein Ehrenamt mehr.
Gleichwohl stehe ich dem immer noch kritsich gegenüber.
Ich halte den Zeitpunkt für "politisch unglücklich".
Ich würde mich über ein paar sachliche Eckdaten / Kennziffern freuen - bitte ohne umfassende Kommentierung, nur Fakten:
1. Wie hoch ist die Diätensteigerung in %, wenn man diese auf das Einzeljahr herunterrechnet (d.h.: p.a.).
2. Liegt die Diätenerhöhung damit unter / auf / über dem realen Einkommenszuwachs im Bevöllkerungsdurchschnitt?
3. Darf ich Ihren Hinweis auf die Einschränkungen im Bereich der Altersvorsorge nun so verstehen, dass diese sich "wertmäßig" der durch das allgemeine Rentensystem gewährleisteten Altersvorsorge eines Arbeitnehmers vergleichbaren Einkommens annährt?
3. b) Falls nicht > um wieviel % übersteigt / unterschreitet der Barwert der Altersvorsorge eines MdB den eines vglbaren Arbeitnehmers?
Vielen Dank
Oliver Priess
Sehr geehrter Herr Priess,
gerne lege ich Ihnen einige Eckdaten dar. Allerdings kann ich sie nicht ganz unkommentiert lassen, wie Sie es sich eigentlich wünschen. Wie Sie aus der Tabelle ersehen können, gab es in den letzten 30 Jahren 12 Nullrunden für Bundestagsabgeordnete. Bezogen auf die Jahre 2003 bis 2009 bedeutet die Anpassung der Diäten aus dem November 2007 eine Steigerung von 1,5% pro Jahr.
Sie fragen nach "vergleichbaren Einkommen" bzw. nach "vergleichbaren Arbeitnehmern". Ich möchte an dieser Stelle nochmals betonen, dass genau dieser Punkt so schwierig und in der Öffentlichkeit strittig ist. Denn: Was ist angemessen für einen Abgeordneten? Was ist ein geeigneter Orientierungsmaßstab? In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Arbeit eines Bundestagsabgeordneten kaum bzw. nur schwer in Zahlen und Arbeitsstunden bemessen lässt (eine Arbeitswoche umfasst circa 80 bis 120 Stunden, meist 7 Tage die Woche), lässt sie sich auch nur schwer mit einem 40-Stunden-Wochenarbeitszeit-Verhältnis vergleichen.
Das Orientierungsmaß, das nun gesetzlich festgelegt wurde, ist die Besoldungsgruppe R6, der einfache BundesrichterInnen angehören. Auch diese Gruppe finden Sie zur besseren Vergleichbarkeit in der Tabelle. Wie Sie sehen, liegt die Abgeordnetenentschädigung auch noch im nächsten Jahr 6% darunter.
Was die Altersversorgung angeht, habe ich bereits in meiner Antwort vom 15.5. die wesentlichen Änderungen dargelegt. Wenn man auch hier weiterhin den Vergleich mit Bundesrichtern bemüht, ergibt sich Folgendes: Bundesrichter sind meist Richter auf Lebenszeit, im Gegensatz zu Bundestagsabgeordneten, die im Durchschnitt 2 bis 3 Legisalturperioden im Bundestag tätig sind, also 8 bis 12 Jahre. Laut Beamtenversorgungsgesetz "beträgt das Ruhegehalt für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,79375 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge". Im Gegensatz hierzu beträgt für Abgeordnete der Steigerungssatz vom 1. Januar 2008 an für jedes Jahr der Mitgliedschaft je 2,5 vom Hundert der Abgeordnetenentschädigung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre mittelbadische SPD-Bundestagsabgeordnete
Nicolette Kressl