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Nicolette Kressl
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Frage von André M. •

Frage an Nicolette Kressl von André M. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Kressl,

ich schreibe Sie an als finanzpolitische Sprecherin Ihrer Fraktion.

Eines der aktuellsten Themen dieser noch jungen Legislaturperiode sind die Steuersenkungen, die der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP vorsieht, und die vor allem die FDP mit aller Macht durchdrücken will. Dabei wird immer nur von der Senkung der Einkommensteuer gesprochen. Der Nachteil dabei ist, daß davon nur die profitieren, die zumindest so gut verdienen, daß sie Einkommensteuer zahlen. Das ist bei vielen Mitbürgern leider nicht der Fall.

Ich möchte eine andere Steuer ins Blickfeld rücken, nämlich die Mehrwertsteuer. Und da ganz konkret die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Was spricht eigentlich dagegen, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel abzuschaffen oder zumindest von derzeit 7% auf einen deutlich niedrigeren Satz zu senken? Gleichzeitig müßte man natürlich die Lebensmittelindustrie und die Handelsketten verpflichten, die daraus resultierenden Preissenkungen an den Verbraucher weiterzugeben. Das würde dann sowohl den Empfänger von Arbeitslosengeld II als auch den besserverdienenden Mittelständler entlasten, denn Lebensmittel benötigt jeder. Wäre das nicht gerechter als eine Senkung der Einkommensteuer?

Mit freundlichem Gruß,
André Meyer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Meyer,

vielen Dank für Ihre Email vom 17. Februar zur Mehrwertsteuer. Sie schlagen vor, den Mehrwertsteuersatz auf Lebensmittel von den derzeit 7 % noch weiter abzusenken, um eine Steuererleichterung für alle Bürgerinnen und Bürger zu erreichen.
Der reguläre Mehrwertsteuersatz liegt in Deutschland bei 19 %, davon gibt es einige Ausnahmen, so werden z. B. Lebensmittel, aber auch Bücher mit dem ermäßigten Satz von 7% besteuert. Bestimmte Waren des täglichen Bedarfs, die alle Bürgerinnen und Bürger konsumieren, sind also bereits mit einem um 12 % niedrigeren Steuersatz belegt. Natürlich ist es so, dass Haushalte mit niedrigem Einkommen vergleichsweise mehr für Lebensmittel ausgeben als Haushalte mit hohem Einkommen. Auch daher besteht ein stark ermäßigter Satz auf Lebensmittel, um eben dieses Ungleichgewicht auszugleichen. Die Schwierigkeiten, politisch wünschenswerte Ziele über eine Veränderung der Steuersätze zu erreichen, sind aber zahlreich. Zum einen wird das von vielen bereits jetzt als ungerecht und kompliziert empfundene Steuerrecht nicht dadurch leichter, dass man noch mehr als zwei verschiedene Mehrwert-Steuersätze einführt.
Zum andern ist, gerade bei der Mehrwertsteuer die große Frage, ob Steuererleichterungen weitergegeben werden. Die Erfahrungen der Vergangenheit oder in Nachbarländern haben gezeigt, dass das eben häufig nicht der Fall ist. So haben die Hotels, die von der jetzigen Regierungskoalition ja gerade eine kräftige Mehrwertsteuererleichterung bekommen haben, schon deutlich gemacht, dass sie diese Erleichterungen keineswegs an ihre Kunden weiterreichen werden. Es ist rechtlich nicht möglich, Unternehmen zu zwingen, Steuererleichterungen an die Kunden weiterzureichen. Sollte nun also die von Ihnen gewünschte weitere Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes auf Lebensmittel umgesetzt werden, wäre es mehr als fraglich, ob diese Ersparnis bei den Kunden ankäme.
Ich halte Steuern nicht für das einzige - und oft nicht für das beste - Mittel, soziale Gerechtigkeit herzustellen. Sie sind eine komplizierte Stellschraube, deren Drehen oft zu nicht erwünschten Nebeneffekten führt. Zumal eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel dem Staat weitere Millionen Steuergelder entziehen würde, die er braucht, um seinem Aufrag der Sicherung der Daseinsvorsorge gerecht zu werden. Nur Starke können sich einen schwachen Staat leisten. Der Ausbau der Infrastruktur, die Bewahrung der Sicherheit, Ausbau der Kinderbetreuung, Schulen und Universitäten, das alles wird mit Steuergeldern finanziert. Wir Sozialdemokraten sind der Auffassung, das starke Schultern hier mehr tragen können und müssen als schwache.
Daher lehne ich eine Absenkung der Einkommenssteuer auch ab. Gering Verdienende zahlen ja bereits heute keine Einkommenssteuer und Besserverdienende müssen nicht unbedingt noch weiter entlastet werden, denn auch diese Steuereinnahmen fehlen dem Staat zur Finanzierung seiner Aufgaben.

Mit freundlichen Grüßen
Nicolette Kressl