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Nicole Westig
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Frage von Klaus D. •

Frage an Nicole Westig von Klaus D. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Westig,

mit der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes wird mit dem neuen Paragraphen 28a eine Möglichkeit geschaffen viele durch das Grundgesetz garantierte Freiheitsrechte ohne weitere Mitwirkung durch die Parlamente einzuschränken. Bedenken zu diesem Gesetzentwurf äußerten auch verschiedene Rechtsexperten. So kritisiert die Juristin Dr. Andrea Kießling von der Ruhr Universität Bochum die geplanten Änderungen im Infektionsschutzgesetz. Der neue Paragraf 28a genüge den Vorgaben von Parlamentsvorbehalt und Bestimmtheitsgrundsatz nicht. Die Vorschrift lasse keinerlei Abwägung der grundrechtlich betroffenen Interessen erkennen. Gerichte würden die Vorschrift höchstwahrscheinlich nicht als Rechtsgrundlage akzeptieren.

Bitte teilen Sie mir mit, wie Sie diese Bedenken beurteilen und wie und mit welcher Begründung Sie dem Gesetzentwurf zustimmen oder diesen ablehnen werden.

Vielen Dank im Voraus.
Dr. Klaus Zöltzer

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Dr. Zöltzer,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Der Entwurf des Dritten Bevölkerungsschutzgesetz und insbesondere der im Eilverfahren durch die Große Koalition beschlossene § 28a IfSG ist zur Zeit ein wichtiges politisches Thema und wird von der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag intensiv diskutiert und kritisch begleitet.

Der Gesetzentwurf enthält zwar wichtige und richtige Punkte, wie z.B. die Abschaffung der Meldepflicht bei Corona-Selbsttests, die Verbesserung der digitalen Anbindung der Labore oder die Nutzung von tier- und zahnärztlichen Laboren für Coronatests. Viele dieser Punkte haben wir bereits seit Monaten gefordert.

Als FDP-Fraktion fordern wir jedoch eine stärkere Beteiligung des Parlaments bei der Bekämpfung der Pandemie und insbesondere eine konkretere gesetzliche Grundlage für die Maßnahmen und die mit ihnen verbundenen tiefgreifenden und flächendeckenden Grundrechtseingriffe. Eine dauerhafte Akzeptanz der Bevölkerung für die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung ist nur dann zu gewährleisten, wenn diese nachvollziehbar sind und in transparenten Entscheidungsprozessen gefunden werden. Die Diskussionen und Entscheidungen der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten fanden hinter verschlossenen Türen statt, letztlich wurden die Bürgerinnen und Bürger vor vollendete Tatsachen gestellt, ohne die ausgetauschten Argumente hinreichend nachvollziehen zu können. Wir fordern, dass diese Debatten in den Parlamenten geführt werden. Derart grundrechtsbeschränkende Maßnahmen können nur dann weitreichende Legitimation erhalten, wenn sie eine konkrete gesetzliche Grundlage haben, über die im Bundestag und in den Landtagen diskutiert und abgestimmt wird.

Die aktuelle Regelung (§ 28 IfSG) wird dem nicht gerecht. Sie ist nicht darauf ausgerichtet, flächendeckend das wirtschaftliche und soziale Leben im Land zu regeln, sondern nur für punktuelle Krankheitsausbrüche. Auch namhafte Verfassungsrechtler (z.B. der ehem. Präsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/papier-kritisiert-neues-corona-gesetz-als-persilschein-fuer-regierung) und Gerichte (zuletzt Bayerischer VGH, Beschluss vom 29.10.2020 - 20 NE 20.2360) bestätigen dies und halten eine neue Rechtsgrundlage für erforderlich, in der der Gesetzgeber die Grenzen und Voraussetzungen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie festlegt.

Der Vorschlag der Bundesregierung (§ 28a IfSG) ist dafür aber ungeeignet und behebt keines der benannten Probleme. So werden die einzelnen Maßnahmen nicht näher bestimmt, sondern nur katalogartig aufgezählt. Es ist dadurch z.B. nicht ersichtlich, welche Schutzmaßnahmen zuerst verhängt werden sollen, weil diese weniger als andere in Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern eingreifen oder wann eine Härtefallregelung vorzusehen ist. Auch eine Orientierung am 7-Tage-Inzidenzwert wird den unterschiedlichen lokalen Infektionsgeschehen nicht gerecht. Oberhalb eines 7-Tage-Inzidenzwertes von 50 pro 100.000 Einwohnern wird die Regelung als Blankoscheck für die Bundesregierung eingeschätzt (so Hans-Jürgen Papier, s.o.).

Diese und auch weitere Mängel des Gesetzentwurfes und insbesondere den Umgang der Bundesregierung mit den Rechten des Parlaments kritisieren wir. Wir fordern eine Befristung der Maßnahmen und eine Berichtspflicht der Bundesregierung an das Parlament. Wir haben hierzu bereits Initiativen in den Deutschen Bundestag eingebracht und werden dies auch weiterhin tun.

Wir sehen das vorliegende Gesetz sehr kritisch. Aber wir bitten auch darum, dass die Arbeit von Parlament und Regierung richtig verstanden wird. Denn wir nehmen unsere Aufgabe ernst und werden die Corona-Krise weiterhin konstruktiv begleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Nicole Westig

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