Frage an Nicole Maisch von Christoph R. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Maisch,
mit Abscheu und Ekel habe ich den Bericht der Sendung Kontraste vom 30. Juli 2009 (http://www.rbb-online.de/kontraste/index.html) über die betäubungslose Kastration von Ferkeln gesehen.
Eingedenk der Staatszielbestimmung des Artikel 20a Grundgesetz, wonach der Staat die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Recht und Gesetz durch die Exekutive und die Judikative schützen soll, empört es mich, dass das Tierschutzgesetz die Praxis der betäubungslosen Kastration von jungen Ferkeln, Rindern, Schafen und Ziegen bis heute zulässt.
In § 5 Abs. 3 TierSchG heißt es wörtlich:
(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich
1. für das Kastrieren von unter vier Wochen alten männlichen Rindern, Schafen und Ziegen, sofern kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt,
1a. für das Kastrieren von unter acht Tage alten männlichen Schweinen, sofern kein von
der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt.
In Ansehung Ihrer Mitgliedschaft im Ausschuss des Bundestages für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz möchte ich Sie daher fragen,
inwieweit Sie die vorgenannte gesetzliche Norm für gemeinhin ethisch vertretbar halten,
welcher vernünftige Grund die oben beschriebene Zufügung von Schmerzen zu rechtfertigen vermag (§ 1 Satz 2 TierSchG: Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen),
ob Sie Initiativen ergriffen haben, § 5 Abs. 3 Nr. 1 und 1a TierSchG ersatzlos zu streichen
und
inwieweit in der landwirtschaftlichen Praxis Möglichkeiten ausgeschöpft werden, Schmerzen und Leiden der Tiere trotz fehlender Betäubung zu vermindern (§ 5 Abs. 1 Satz 4 TierSchG: Ist nach den Absätzen [...] 3 [...] eine Betäubung nicht erforderlich, sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Schmerzen oder Leiden der Tiere zu vermindern).
Mit freundlichen Grüßen,
Christoph Rostig
Sehr geehrter Herr Rostig,
das Thema betäubungslose Kastration von Ferkeln beschäftigt auch unsere Fraktion seit einiger Zeit. Deshalb haben wir im Juni letzten Jahres ein Fachgespräch zum Thema durchgeführt, in dem wir gemeinsam mit Agrar- und TierschutzexpertInnen Alternativen zu dieser für die Tiere qualvollen Praxis diskutiert haben. Hier finden Sie die Dokumentation des Expertengesprächs: http://tiny.cc/xnuQ8 Im Oktober 2008 haben wir dann im Bundestag einen Antrag (Drucksache 16/10615 ) gestellt, in dem wir Folgendes gefordert haben:
1. die Ausnahmeregelung zur Erlaubnis der betäubungslosen Ferkelkastration im Tierschutzgesetz in § 5 Abs. 3 zu streichen und damit die betäubungslose Ferkelkastration bis spätestens zum 31. Dezember 2011 zu beenden;
2. sich auf europäischer Ebene aktiv für ein endgültiges Verbot des betäubungslosen Kastrierens von Ferkeln zum gleichen Datum einzusetzen;
3. die praxistauglichen Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration schnellstmöglich in der Praxis einzuführen;
4. eine entsprechende Verbraucheraufklärung sowie Beratung der Landwirte zu fördern;
5. die Züchtung und Ressortforschung durch entsprechende Förderprogramme zu unterstützen.
Leider wurde dieser Antrag mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und SPD abgelehnt.
Meine Kolleginnen und ich werden aber weiter für mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung streiten.
Es ist aber auch wichtig, dass wir Rückendeckung aus der Bevölkerung erhalten.
http://www.provieh.de/ hat eine sehr erfolgreiche Kampagne gegen „Kastratenburger“ gemacht. Schauen Sie sich die Seite doch mal an, vielleicht finden Sie ja eine Möglichkeit, sich zu engagieren.
Mehr Informationen zu unseren politischen Forderungen im Bereich Tierschutz finden sie unter http://www.gruene-bundestag.de/cms/tierschutz/rubrik/0/648.tierschutz.html
Es grüßt Sie herzlich
Nicole Maisch