Frage an Nicole Ludwig von Johann W. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Ludwig,
ich wohne im Klausenerkiez, der ja "Ökokiez 2020" werden soll (was ich durchaus begrüße). Aktuell entstehen hier im Kiez in zwei Neubauprojekten Eigentumswohnungen für den besser gefüllten Geldbeutel (ca. 3.500 €/m²). Sehen auch Sie die Gefahr, dass durch das Ökokiezprojekt und z.B. die damit verbundene energetische Sanierung der vielen Altbauten vor allem in Gewobag-Verwaltung die Mieten im Kiez steigen und damit Bewohner mit geringen Einkünften verdrängt werden? Was schlagen Sie vor, um dies zu verhindern und die bunte Bevölkerungsmischung, die auch dank eines engagierten Kiezbündnisses prima miteinander auskommt, zu erhalten?
Danke und freundliche Grüße!
Sehr geehrter Herr Wintermann,
mit Ihrer Frage greifen Sie zwei sehr wichtige Themen auf. Die bereits jetzt in unserem Kiez steigenden Mieten und die beiden von Ihnen angesprochenen Neubauprojekte (Sie meinen nehme ich an die Nehringstr. und den Klausenerplatz) beobachte ich auch schon seit geraumer Zeit mit Argusaugen. Eine Gentrifizierung wie in Teilen von Prenzlauer Berg wäre das Aus für unseren Kiez und da müssen wir gegensteuern. Dazu fallen mir zwei verhältnismäßig kurzfristig umsetzbare Maßnahmen ein:
1. Die Wiedereinführung des Zweckentfremdungsverbots von Wohnraum. Auch in unserem Kiez wurden/werden vermehrt Wohnungen in zum Beispiel Ferienwohnungen umgewandelt. In ganz Berlin schätzt man 50.000 so bereits umgewandelte Wohnungen! Wir müssen zügig auf Landesebene das Verbot wieder einführen.
2. Unseren Kiez als Milieuschutzgebiet ausweisen, was u.a. der Übersanierung von Wohnraum Grenzen setzen kann und damit günstigen Wohnraum erhält. Ich sehe natürlich auch die Gewobag als landeseigenes Unternehmen in der Pflicht, weiterhin bzw. wieder auch günstigen Wohnraum anzubieten, hier muss der Eigentümer (also der Senat) deutlich mehr Druck machen als bisher.
Was den Ökokiez 2020 angeht: ich habe dieses Projekt von vornherein unterstützt und zum Teil auch mit konzipiert. Über den bezirklichen "Runden Tisch Klimaschutz" bin ich auch im laufenden Projektfortgang involviert. Die Vorstellung dabei ist, in einem relativ überschaubaren und homogenen Gebiet mit hohem Altbau-Bestand exemplarisch herauszufinden, welche Maßnahmen nötig sind, um mindestens 20% CO² bis 2020 einzusparen. Das betrifft neben Verkehr und Konsum natürlich in erster Linie die Gebäude, also Wärme und auch Strom. Im Rahmen des Projektes wollen wir versuchen, für unseren Kiez und dabei insbesondere die energetische Sanierung sowie auch die Errichtung von Solar- und/oder Geothermie-Anlagen Fördergelder in großem Umfang zu akquirieren - so dass dieses Modellprojekt in keinem Fall Auswirkungen auf die Mieten haben wird bzw. wenn, dann nur nach unten, durch sinkende Nebenkosten.
Ich sehe auch, dass die Möglichkeiten, Investitionskosten auf die Mieter umzulegen bei der energetischen Sanierung grundsätzlich überarbeitet werden müssen. Zudem werden hier gerne auch längst fällige Instandsetzungsmaßnahmen, die nicht umgelegt werden könnten, mit untergebracht.
Abschließend möchte ich sagen, dass Sie sicher sein können, dass ich nicht nur aus politischen Gründen sondern vor allem weil ich selbst im Kiez wohne und viele andere BewohnerInnen kenne und schätze, alles dafür tun werde, dass die gesunde, bunte, attraktive und lebenswerte Mischung unseres einzigartigen Kiezes erhalten bleibt.
Mit herzlichen Grüßen
Nicole Ludwig