Frage an Nicolas Schäfstoß von Martin L. bezüglich Verkehr
Wir sind uns vorhin am S-Bahnhof Feuerbach begegnet.
Eine Sache liegt mir am Herzen: Ich bin sehr oft mit der bahn unterwegs (von und nach Duisburg). Ich bin der Meinung, dass das Unternehmen Bahn dringend reformiert (konsequent zerschlagen) werden muss. Die daraus entstehenden Einzelunternehmen könnten teilweise verkauft werden (Auslandsbeteiligungen). Die Bahn wäre nicht mehr so arrogant den Kunden gegenüber. Vieleicht würden sich Konkurrenzunternehmen im Fernverkehr etablieren.
Wann passiert da endlich etwas?
Gruß
Martin Langhorst
Sehr geehrter Herr Langhorst,
vielen Dank für Ihre Nachricht nach unserem kurzen Treffen in Feuerbach. Es freut mich, dass Sie sich nun über Abgeordnetenwatch an mich wenden.
Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit müssen wieder zum Markenzeichen der Bahn werden. Unser Ziel ist daher ein Deutschland-Takt aus bundesweit funktionierenden und aufeinander abgestimmten Anschlüssen. Wir streben zudem eine Verdopplung der Kapazität für den Schienengüterverkehr bis zum Jahr 2030 an.
Zum Erreichen dieser politischen Ziele sehen wir den Bund in der Verantwortung, den Ausbau und Erhalt des Schienennetzes sowie eine optimale Nutzung des Netzes im Personenfern- und Güterverkehr als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge zu gewährleisten. Wir halten es für richtig, dass die Bundesbahnen mit der Reform von 1994 in privatrechtlich organisierte Unternehmen überführt und konkurrierenden Unternehmen der Netzzugang ermöglicht wurde (dies ist schon heute möglich). Der Bund hat allerdings dafür Sorge zu tragen, dass die Schieneninfrastruktur allen Wettbewerbern zu gleichen und angemessenen Konditionen (z.B. Trassenentgelte) zur Verfügung steht. Dies ist eine Voraussetzung, um mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Es ist ebenfalls sinnvoll, dass die Bewirtschaftung des Netzes privatwirtschaftlich organisiert wird. Die Vorgaben für Kapazität, Ausgestaltung und Qualität des Netzes müssen hingegen vom Bund gesetzt werden. Denn das Schienennetz wird überwiegend vom Bund und damit von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern finanziert. Diese müssen daher auch darüber entscheiden können, wofür das Geld investiert wird.
Eine Zerschlagung und (Teil-)Privatisierung der Deutschen Bahn AG lehnen ich und die SPD entschieden ab. Denn es gibt viele Beispiele dafür, dass öffentliche Daseinsvorsorge nicht den Renditeerwartungen privater Investoren untergeordnet werden sollte:
- Früher wurden beispielsweise die kommunalen Stromanbieter privatisiert, in Baden-Württemberg entstand daraus die EnBW. Eine Rückkehr zu kommunalen Stadtwerken gestaltet sich nun um ein vielfaches komplizierter und teurer als die damalige Privatisierung.
- Einst kümmerte sich die britische Regierung nicht um die gesetzliche Krankenversicherung, sodass sich ein reines privates Krankenversicherungssystem etablieren konnte. Die Beiträge zu dieser privaten Krankenversicherung sind hoch, werden staatlich nicht gefördert und die Qualität ist schlechter als in Deutschland.
- Ein weiterer Grund aus Großbritannien: Die British Rail wurde zu 100 Prozent privatisiert. Vermutlich beklagen Sie sich, dass in den Zügen der Deutschen Bahn gelegentlich mal die Klimaanlage ausfällt, doch bei der British Rail sind diese noch nicht einmal vorgesehen. Die Züge dort sind oft in sehr schlechtem Zustand und würden in Deutschland wohl schon seit Jahren nicht die TÜV-Kontrolle schaffen. Ein weiteres Beispiel dafür, weshalb man staatliche Aufgaben nicht unbedingt in private Hände geben sollte.
Ich hoffe, dass wir auch über die Bundestagswahl hinaus zu diesem Thema im Austausch bleiben.
Beste Grüße
Nicolas Schäfstoß