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Nico Tippelt
FDP
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Frage von Michael S. •

Warum lehnen Sie die Abschaffung des §218 ab?

Sehr geehrter Herr Tippelt,

ich bitte Sie darum, sich folgendem Gedankenexperiment zu stellen.

Sie haben eine Tochter im gebärfähigen Alter. Der Traum Ihrer Tochter ist es groß Karriere zu machen. Sie möchte keine Kinder. Leider muss Ihre Tochter die schreckliche Erfahrung einer Vergewaltigung machen. Bei dieser Vergewaltigung wird sie schwanger. Das Trauma, welches die Vergewaltigung bei ihr auslöst sorgt dafür, dass sie nicht in der Lage ist, innerhalb der ersten 12 Wochen einen "legalen" Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen.

Wie würde es Ihnen als Vater gehen, wenn Ihnen der Staat vorschreibt, wie Sie / Ihre Tochter sich zu verhalten haben?

Der § 218 ist ein Relik aus einer Zeit in der Männer über Frauen bestimmen, als wären Sie nichts wert.

Im § 1 des Grundgesetzes heißt es, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Meinen Sie nicht auch, dass der § 218 Frauen genau dieses Recht am eigenen Körper abspricht?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr S.

2023 wurden in Deutschland rund 106.000 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. 
Von 2012 bis 2021 gab es mehr als eine Million Schwangerschaftsabbrüche.

Für einen straffreien Abbruch dürfen seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sein.

Im Falle eines Sexualdelikts besteht innerhalb der Fristenregel eine sogenannte kriminologische Indikation nach § 218a Abs. 3 StGB. Dann entfällt für die Abtreibung auch das Erfordernis eines Beratungsscheins und die Kosten würden für krankenversicherte Frauen von der Krankenkasse getragen.

Auf solch einer Indikation beruhten im Schnitt der letzten Jahre 0,03 % bis 0,05 % der gemeldeten Abbrüche.

Ihre Anfrage bezieht sich hingegen explizit auf die sogenannte späte Abtreibung. 
Nach der 12. Schwangerschaftswoche würde der Wunsch auf eine Abtreibung auf ein rechtliches und ethisches Dilemma treffen. 

Denn auch das ungeborene Leben ist Träger von Grundrechten. Dieser Umstand wurde oft genug durch das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben und kann nicht ignoriert werden.

Dieses grundsätzliche Dilemma würde also auch durch eine Abschaffung des §218 StGB nicht gelöst.

Das Schwangerschaftskonfliktgesetz i.V.m. §§218 und 219 StGB stellt einen – im Übrigen in intensiver Debatte errungenen – gesellschaftlichen Kompromiss und eine rechtliche Lösung dar. Deswegen halte ich es auch für falsch, würde dieser Kompromiss einseitig aufgekündigt.

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