Werden Sie den Antrag zum Verbot der AFD durch das Bundesverfassungsgericht unterstützen?
Sehr geehrter Herr S.,
Die AfD ist eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Sie wird in allen Bundesländern und im Bund vom Verfassungsschutz beobachtet, in drei Bundesländern gilt sie inzwischen sogar als "sicher rechtsextrem". Die Enthüllungen über Abschiebephantasien von Menschen mit Migrationsgeschichte durch Correctiv, aber auch die jüngsten Vorgänge im Thüringer Landtag zeigen ein verstörendes Verhältnis zur Verfassung und zu unserem Rechtsstaat. Es ist an der Zeit, dass sich unser Rechtsstaat gegen diese Bedrohung zur Wehr setzt.
Die Hürden für ein Parteiverbot sind hoch. Unsere Verfassung gibt uns aber auch den Auftrag, die freiheitlich-demokratische Grundordnung vor Parteien zu schützen, die sie abschaffen oder beeinträchtigen wollen. Unter diesem Gesichtspunkt müssen die Argumente für und gegen einen Verbotsantrag sorgfältig abgewogen werden. Das ist eine ständige Aufgabe der Verfassungsorgane, der wir uns stellen müssen.
In der Vergangenheit habe ich mich gemeinsam mit 24 weiteren Kolleginnen und Kollegen mit Migrationsgeschichte innerhalb meiner Fraktion dafür eingesetzt, dass geprüft wird, ob die Voraussetzungen für ein Verbotsverfahren vorliegen. Dass diese Frage angesichts der aktuellen Entwicklungen immer dringlicher wird, liegt auf der Hand. Wir können nicht länger warten, wenn es um die Grundlagen unserer Verfassung geht.
Ein Verbotsantrag muss aber auch auf stichhaltigen Beweisen beruhen. Er muss das Verhältnis der AfD zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unwiderlegbar belegen. Das Schlimmste, was unserem demokratischen Rechtsstaat passieren könnte, wäre ein gescheiterter Verbotsantrag. Ein solcher Antrag muss so fundiert und sorgfältig vorbereitet werden, dass kein Zweifel an seinem Erfolg bestehen kann. Ob ein solcher Antrag ohne die Erkenntnisse der Exekutive so fundiert vorbereitet werden kann, dass kein Zweifel an seinem Erfolg bestehen kann, daran habe ich im Moment meine Zweifel. Meine Meinungsbildung hierzu ist aber noch nicht endgültig abgeschlossen.
Mir ist bewusst, dass ein Verbot der AfD allein nicht die Lösung für Demokratie- und Menschenfeindlichkeit sein kann. Weitere Maßnahmen wie intensive politische Bildung, gesellschaftliche Präventionsarbeit und zivilgesellschaftliches Engagement sind parallel notwendig. Auch darüber hinaus muss es konkrete und spürbare Konsequenzen geben, wenn unsere demokratischen Grundwerte bedroht werden. Hass ist keine Meinung. Faschistische Bestrebungen sind ein Fall für den Verfassungsschutz und die Strafverfolgungsbehörden.
Mit freundlichen Grüßen
Nezahat Baradari MdB