Frage an Nezahat Baradari von Michael v. bezüglich Gesundheit
Schon weit unter den deutschen Grenzwerten treten durch den Mobilfunk Krebs und Erbschäden auf, aber auch Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Fruchtbarkeitsstörungen und vieles mehr (https://kompetenzinitiative.com/broschuerenreihe/). Die Grenzwertfestlegung erfolgt unter der Initiative der ICNIRP, die als privater, industrienaher Verein der Mobilfunkindustrie agiert. Dieser Verein wählt seine Mitglieder selbst aus. Das sind sogenannte Wissenschaftler, die behaupten, die Strahlung sei unterhalb der Grenzwerte ungefährlich. Zudem gibt es zwischen dem ICNIRP und dem Bundesamt für Strahlenschutz, der EU-Kommission und der WHO personelle Verflechtungen (https://klaus-buchner.eu/wp-content/uploads/2019/06/FB-Mobilfunk_Web_26-06-19-1.pdf). Wie ist es möglich, dass ein privater Verein mit Nähe zum Mobilfunk tonangebend ist, wenn es um Strahlenbelastung bzw. Strahlenschutz durch Mobilfunk geht? Warum wird dazu kein wissenschaftlich anerkanntes, neutrales bzw. unabhängiges Gremium herangezogen, um die Bevölkerung und deren politischen Vertreter vor Gesundheitsschäden durch Strahlenbelastung zu informieren bzw. zu schützen, zumal durch den geplanten Ausbau von 5G die Strahlenbelastung noch intensiviert wird?
Sehr geehrter Herr v. L.,
vielen Dank für Ihre Anfrage, zu der ich hier gerne Stellung beziehen möchte.
Drahtlose Informationsübertragung und mobile Kommunikation sind seit einigen Jahren für uns alle eine Selbstverständlichkeit. Technisch ermöglicht wird dies durch sogenannte hochfrequente elektromagnetische Felder, die von Sendemasten abgestrahlt werden. Um die Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren durch diese hochfrequenten elektromagnetischen Felder zu schützen, wurden Grenzwerte festgelegt. Dabei gibt sowohl es Grenzwerte für Mobilfunksendeanlagen sowie Grenzwerte für mobile Endgeräte, also Handys und Smartphones.
Die Grenzwerte für Sendeanlagen sind auf Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der "Verordnung über elektromagnetische Felder" (26. BImSchV) festgelegt. Sie trat 1997 in Kraft und wurde 2013 überarbeitet. Grenzwerte für mobile Endgeräte werden gesondert im Rahmen der Produktsicherheit festgelegt.
Für die Bestimmung dieser Grenzwerte wird sich auf die Einschätzung der Strahlenschutzkommission des Bundes (SSK) berufen, die den Gesetzgeber zu diesem Thema sachverständig berät. Die SSK ihrerseits folgte in der Vergangenheit den Grenzwertempfehlungen der Internationalen Kommission zum Schutz vor nicht ionisierender Strahlung (ICNIRP). Diesen Empfehlungen haben sich auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Rat der Gesundheitsminister der Europäischen Union (EU) angeschlossen.
Die Behauptung, die ICNIRP sei ein industrienaher Verein, der auf Geheiß der Mobilfunkindustrie agiere, ist für mich nicht nachvollziehbar. Vielmehr bezieht die ICNIRP ihre finanziellen Ressourcen vollständig aus öffentlichen Mitteln. Den Mitgliedern des ICNIRP und Mitgliedern der ICNIRP Expertengruppe ist es zudem nicht erlaubt, parallel zu ihrer Arbeit für die ICNIRP, bei Firmen im Mobilfunksektor angestellt zu sein. Die jährlichen Berichte der ICNIRP können Sie hier einsehen: https://www.icnirp.org/en/activities/annual-reports/index.html
Die Angaben in den Broschüren der „Kompetenzinitiative“, nach welchen schon weit unter den geltenden Grenzwerten Krankheiten wie Krebs oder Unfruchtbarkeit ausgelöst werden, sind wissenschaftlich schlichtweg nicht haltbar. Als Nachweise werden zumeist eigene bisherige Schriften und Überlegungen zu diesem Thema sowie eine kleine und einseitige Auswahl von ähnlichen Texten und z. T. älteren Veröffentlichungen herangezogen. Gängigen wissenschaftlichen Standards entspricht dieses Vorgehen nicht.
Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft gibt es keinerlei Erkenntnisse darüber, dass die elektromagnetischen Felder von Mobilfunkgeräten bei geltenden Grenzwerten generelle Gesundheitsrisiken bergen. Das Bundesamt für Strahlenschutz bietet hierzu eine große Übersicht der relevanten Studien: https://www.bfs.de/DE/themen/emf/kompetenzzentrum/berichte/berichte_node.html
Weiter hat die Europäische Kommission in einem umfassenden Bericht aktuelle Forschungen zusammengetragen: https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/scientific_committees/emerging/docs/scenihr_o_041.pdf
Bereiche, in denen noch Unklarheit besteht und weitere Forschung notwendig ist, beobachten wir natürlich weiterhin aufmerksam. Das sind einerseits die mit 5G zu erwartende exponentiell steigende Anzahl an funktechnischen Endgeräten (Fahrzeugen, Sensoren, Drohnen, etc.) und andererseits die Funkanlagen im öffentlichen Raum, die im Ultranahbereich mit diesen vernetzt werden sollen. Auf diese Fragestellungen zukünftiger Netze lenken wir aktuell unsere Aufmerksamkeit und verfolgen intensiv neue Studien und Erkenntnisse bezüglich gesundheitlicher Probleme, um auf diese schnell reagieren zu können.
Ebenso wurde am 05.02.2020 das Kompetenzzentrum Elektromagnetische Felder beim Bundesamt für Strahlenschutz gegründet. Es befindet sich derzeit im Aufbau und wird im Laufe des Jahres 2020 voll einsatzfähig zu sein. Es bündelt die Expertise des BfS zu statischen und niederfrequenten elektrischen und magnetischen sowie zu hochfrequenten elektromagnetischen Feldern und wird die Forschung und Kommunikation auf diesem Gebiet intensivieren.
Mit freundlichen Grüßen
Nezahat Baradari MdB