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Natascha Kohnen
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Frage von Gerhard Anton E. •

Frage an Natascha Kohnen von Gerhard Anton E. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Kohnen,

mir ist wieder einmal ein relativ aktueller Image-Flyer des Bayerischen Staatministeriums für Landwirtschaft zum Themenkreis "Lebensmittel aus Bayern", deren Kennzeichnung und die diversen bestehenden Gütesiegel in die Hände gefallen.

Allen Anschein nach wurde dieser Image-Flyer als Teil einer Image-Kampagne und als Reaktion auf die diversen Lebensmittelskandale der letzten 3 Jahre (z. B. Thema: Ekel- bzw. Gammelfleisch, Verunreinigter Käse usw.), an denen nicht zuletzt Gewerbetreibende aus Bayern maßgeblich beteiligt waren, aufgelegt.

Nun meine Fragen:

1. Sehen Sie Defizite bei der staatlichen Lebensmittelüberwachung?

2. Wenn ´Ja´, über welche Maßnahme könnte zukünftig eine effektive und effiziente Lebensmittelüberwachung sichergestellt werden?

3. Werden Sie sich für eine höhere Kontrolldichte bei der Lebensmittelüberwachung einsetzen?

4. Glauben Sie, dass die derzeitige Bayer. Staatsregierung und deren Fachministerien zu wenig Haushaltsmittel in Image-Kampagnen investierten?

5. Sehen Sie - ganz allgemein -Defizite beim Verbraucherschutz im Freistaat Bayern?

Für Ihre freundliche Anwort bedanke ich mich bereits heute.

Mit besten Grüßen
Gerhard Anton Eiwen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Eiwen,

freut mich, wieder von Ihnen zu hören. Zu Ihren Fragen "Lebensmittel aus Bayern":

1. Die Lebensmittelkontrollen in Bayern weisen erhebliche Mängel auf, die insbesondere der im Zuge der Gammelfleischskandale von der Opposition eingeforderte Untersuchungsausschuss im Landtag zu Tage gebracht hat. Im April diesen Jahres sprach der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses Herbert Müller (SPD) von einer "Kultur des Wegschauens" seitens der Behörden. Es gab viele Informationen, die das Ministerium erreicht haben, und es ist nichts passiert bzw. bei den Fleischskandalen musste festgestellt werden, dass die jeweiligen Betriebe, bzw. ihre Verantwortlichen in der Regel vorab über behördliche Kontrollen informiert waren.

2. Folgende Maßnahmen sind in meinen Augen vorrangig:
- Es müssen die Kompetenzen beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) als unabhängiger Kontrollbehörde gebündelt werden und eine Rotation der Kontrolleure stattfinden.
- Damit Kontrollen umfassend und Ziel führend durchgeführt werden können, muss es zu einer Personalaufstockung (Amtsveterinäre, Lebensmittelkontrolleure) kommen.
- Angekündigte Kontrollen - wie in der Vergangenheit geschehen - sind zu unterlassen; keine Ausnahmeregelungen dürfen möglich sein (auch wenn die Zusammenarbeit bei größeren Betrieben mit dem Betriebsinhaber nötig ist, muss nicht vorangekündigt werden).
- Der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit der Kontrollbehörden mit dem Zoll und der Kriminalpolizei muss verbessert werden.
- Die sog. Warenflusskontrolle für Schlachtabfälle muss verbessert werden.
- Die Handelswege, Verarbeitungsschritte und Herkunftsbezeichnungen bei Fleischwaren müssen nachvollziehbar sein. Es reicht nicht aus, wenn bei Kontrollen nur die Betriebshygiene überprüft wird.
- Es sollte eine unabhängige Anlaufstelle im Verbraucherschutzministerium eingerichtet werden, um den Verbraucher/innen sowie Mitarbeitern/innen von Betrieben zu ermöglichen, Missstände zu melden und Informationen zu erhalten (aber natürlich unter Informantenschutz).

3. Wie ich unter der Antwortnummer 2 gefordert habe, ist eine höhere, effektivere und umfassendere Kontrolldichte unbedingt notwendig.

4. Image-Kampagnen, die nur einer positiven Eigendarstellung dienen, sind nicht Ziel führend und überflüssig. Handelt es sich hingegen um reines Informationsmaterial z. B. für den Verbraucher, so ist dieses legitim. Im Bereich der Prävention (z. B. Alkoholmissbrauch) halte ich Info-Material für sehr wichtig. Es ist also immer eine deutliche Abgrenzung im Sinne "Was will ich erreichen?" notwendig bei Veröffentlichungen. Sie sehen meine Prioritätenliste bei Image-Ausgaben und dieser Reihung folgt die Staatsregierung vor der Wahl nicht, sodass ich über die mögliche Erhöhung von Ausgaben bei Image-Kampagnen erst nach der Wahl diskutieren würde, denn dann wird die Diskussion "ehrlicher" erfolgen.

5. Ja, es gibt etliche Defizite im Verbraucherschutz und leider auch viel Oberflächlichkeit. Ein Beispiel, das mich momentan sehr verärgert: Als Biologin liegt einer meiner Schwerpunkte in der politischen Arbeit bei "gentechnikfreien Lebensmitteln" (weitere Info auf meiner Website) bzw. in der gentechnikanbaufreien Landwirtschaft. In diesem Punkt fährt die CSU-geführte Staatsregierung im Moment ein falsches, doppelbödiges Spiel: Im Juli 2008 erfolgte eine CSU-Ablehnung eines Dringlichkeitsantrags der SPD-Landtagsfraktion, der eine Bundesratsinitiative einforderte mit dem Ziel, das EU-Gentechnikrecht zu korrigieren (Richtung gentechnikanbaufreie Regionen ermöglichen; in Bayern gibt es im Moment 5 Anbauversuchsfelder auf Staatseigentum). Jetzt 3 Wochen vor der Wahl bemüht sich die CSU plötzlich um dieses Thema - man hat bemerkt, dass dieses Thema die Menschen bewegt -, denn Herr Söder geht mit dem Ziel einer "gentechnikfreien Region Bayern" in den Ausschuss der Regionen: klingt gut, ist aber Augenwischerei, denn es handelt sich um ein reines Beratergremium, das keine Entscheidungskompetenz hat. Wenn Herr Söder es ehrlich meint, dann müssten die staatseigenen Versuchsfelder zu allererst aufgelöst werden. Ich verlange im puncto Verbraucherschutz Ehrlichkeit!

Mit den besten Grüßen,
Ihre Natascha Kohnen

SPD-Landtagskandidatin München-Land Süd