Frage an Natascha Kohnen von Werner S. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrte Frau Kohnen,
sie haben in einer Antwort an Frau Achtelik zur Verlustverrechnungsbegrenzung bei Termingeschäften vorgeschlagen, die privaten Handelsaktivitäten in eine neuzugründende Kapitalgesellschaft zu verlagern.
Mir scheint dieser Rat aber irreführend. Der wissenschaftliche Dienst hat in einem Gutachten
festgestellt, dass §20 Abs. 6 Satz 5 zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung von privaten und gewerblichen Anlegern führt und schlägt als Lösung vor, dass auch die gewerblichen Anleger einer Verlustverrechnungsbeschränkung unterworfen werden (letzter Satz des Gutachtens). Damit würden sich der Aufwand und die Kosten für die Gründung einer Kapitalgesellschaft als sinnlos erweisen.
Wie rechtfertigen Sie vor diesem Hintergrund, die Empfehlung, in den gewerblichen Bereich auszuweichen?
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schiele
Sehr geehrter Herr Schiele,
vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie in Ihrer Frage auf meine Antwort für Frau Achtelik Bezug nehmen und da Sie zum selben Thema: „§20 Abs. 6 Satz 5“ auf Abgeordnetenwatch auch schon meinen Kollegen Lothar Binding aus dem Bundestag gefragt haben, denke ich, dass Sie die vielen Antworten auf verschiedene Fragen zu diesem Thema – alle auf dieser Plattform – kennen.
Deshalb ist meine kürzeste Antwort auf Ihre Frage: Verfassungswidrigkeit stellt allein das Bundesverfassungsgericht fest.
Verfassungswidrigkeit ist nicht festgestellt. Deshalb lässt sich „vor diesem Hintergrund“ Ihre Frage auch nicht beantworten, denn der von Ihnen unterstellte „Hintergrund“ existiert nicht.
Sie schreiben: „… eine neuzugründende Kapitalgesellschaft …“ oder „Damit würden sich der Aufwand und die Kosten für die Gründung einer Kapitalgesellschaft …“ Aus meiner Bemerkung: „Sie können allerdings leicht anders mit der Verlustverrechnung umgehen, wenn Sie sich nicht im Privatvermögen bewegen.“ folgt nicht automatisch „Kapitalgesellschaft“. Was ich damit gesagt habe: in unterschiedlichen Rechtsformen finden wir unterschiedlichen Umgang mit der hier angesprochenen Verlustverrechnungsbeschränkung.
Obwohl Sie diese Argumente sicher schon lesen konnten, hier einige ergänzende Bemerkungen: Dem Gesetzgeber erscheint eine Unterscheidung zwischen dem Handel von Termingeschäften in privater und betrieblicher Sphäre – im Privatvermögen und im Betriebsvermögen – angebracht, da das Instrument von Termingeschäften bei beiden unterschiedlich genutzt wird.
Im Privatvermögen wird es häufig zur Absicherung von Depots genutzt, wobei oft mit einem hohen Spekulationsgrad gearbeitet wird und auch ein Totalverlust billigend in Kauf genommen wird, dient er doch der Absicherung eines anderen Geschäftes – eine Begründung, die auch ja auch im Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes als sachlicher Grund einstuft wird.
In der betrieblichen Sphäre werden Termingeschäfte oft zur Absicherung von Rohstoffpreisen und Lieferungen, etwa im Rahmen einer langfristigen Planung, von Unternehmen vorgenommen. Ein nachvollziehbarer realwirtschaftlich motivierter Grund und ein sinnvoller Einsatz von Termingeschäften.
Mit freundlichen Grüßen,
Natascha Kohnen