Frage an Natascha Kohnen von Dieter K. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr verehrte Frau Kohnen!
In der Presse liest man dieser Tage,dass die Spitzen von CDU/CSU und SPD das Verbot der Kastration von kleinen Ferkeln ohne Betäubung für 2 Jahre ausgesetzt hat!
Meine Frage dazu lautet:
Sie,Frau Kohnen,gehören doch auch auf Bundesebene als stellv.SPD-Vorsitzende zur engeren Führungsspitze der SPD!Haben Sie bei dieser Entscheidung mitgewirkt und mit abgestimmt und
sich auch für die 2jährige Prolongation ausgesprochen?
Ist Ihnen bewusst,dass die Verordnung zum Vebot der betäubungslosen Kastration bei Ferkel schon im Jahre 2013 beschlossen wurde,also mit einer Übergangsfrist von 5Jahren,weil sie am 1.1.2019 in kraft treten soll!Reicht eine solche Übergangszeit nicht aus?
Der Bundesrat,also die Ländervertretung,hatte ja letzte Woche mit Mehrheit gegen eine Verlängerung gestimmt!
Warum stellt sich die GroKo jetzt dagegen und votiert für eine Verlängerung um 2Jahre?
Wollten Sie nur die 5 Jahre,die ihr Koalitionspartner im Bund die CSU gefordert hatte,abfedern?Aber wo bleibt das Tierwohl?
Ist es für Sie und die SPD zumutbar,dass die kleinen Ferkel weitere 2 Jahre bei der betäubungslosen Kastration leiden?
Sie,Frau Kohnen, haben versprochen,Politik mit Anstand zu machen,gilt das eigentlich nur für die Menschen in Bayern und nicht für unsere Mitgeschöpfe,die Tiere?Werden die mit Achtung und Respekt behandelt?Eher nicht oder?
Für die Beantwortung meiner Frage bedanke ich mich im voraus und wünsche Ihnen für die Wahl am 14.10.2018 viel Glück und Erfolg!
Mit freundlichen Grüssen
D. K.
Sehr geehrter Herr K.,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Sie gibt uns die Gelegenheit, ein Missverständnis aufzuklären:
Natascha Kohnen ist nicht Mitglied im Koalitionsausschuss der Bundesregierung. Sie hat demnach nicht bei diesem Kompromiss im Koalitionsausschuss mitgewirkt.
Fakt ist, wir als BayernSPD wollen die betäubungslose Kastration von Ferkeln schnellstmöglich beenden. Klar ist aber auch, dass das unionsgeführte Bundeslandwirtschaftsministerium in den vergangenen 10 Jahren versagt hat und keine der bestehenden Alternative mittlerweile als flächendeckend praxistauglich eingestuft werden kann. Darüber hinaus hat die Berufsvertretung der Landwirtschaft, der Lebensmitteleinzelhandel und die Fleischwirtschaft entgegen ihrer Ankündigungen (zum Beispiel in der Düsseldorfer Erklärung aus dem Jahr 2008!) zu wenig unternommen, um praxistaugliche Verfahren zu entwickeln.
Aktuell stellt sich die Lage wie folgt dar:
Die Ebermast wurde zu Beginn der Diskussion als praktikabel angesehen, mittlerweile finden sich nur noch bedingt Abnehmer für diese Tiere, das System wird konsensual nicht als zukunftsfähig eingestuft.
Die Betäubung mit Isofluran ist noch nicht praxistauglich ausgereift, es stehen aktuell noch keine geeigneten Masken für die Betäubung zur Verfügung, welche dem Tier- und Arbeitsschutz in ausreichendem Maße Rechnung tragen.
Die Immunokastration hat sich klar bewährt, jedoch werden abgesehen von einigen Ausnahmen die behandelten Tiere vom Lebensmitteleinzelhandel abgelehnt.
Für uns als BayernSPD ist es wichtig, die bäuerliche mittelständische Landwirtschaft zu erhalten. Aus diesem Grund akzeptieren wir die Fristverlängerung bis zum kompletten Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration für zwei Jahre. Uns bereitet die Entwicklung der Ferkelerzeugung in Deutschland und in Bayern erhebliche Sorgen. Mittlerweile werden rund 1,7 Mio. Ferkel zur Mast nach Bayern importiert, vorwiegend aus Dänemark, Holland und den „neuen Bundesländern“. Im Vergleich zum letzten Agrarbericht aus dem Jahr 2016 ist dies eine Zunahme um 200.000 Ferkel. Diese Entwicklung gefährdet langfristig regionale Wirtschaftskreisläufe und schwächt den Ländlichen Raum. Wenn wir diesem Kompromiss auf Bundesebene nicht zugestimmt hätten, hätte sich diese Entwicklung weiter fortgesetzt.
In den kommenden zwei Jahren werden wir beim Bundeslandwirtschaftsministerium den Druck erhöhen, um umgehend umfangreiche Forschungsmittel zu diesem Thema zur Verfügung zu stellen, um beispielsweise auch die Lokalanästhesie (sog. 4. Weg) auf die Auswirkungen im Bereich des Tierwohls zu untersuchen. Gleichzeitig müssen Gesprächsrunden mit dem Lebensmitteleinzelhandel und den Verbraucherschutzverbänden organisiert werden, um die Immunokastration flächendeckend zu ermöglichen.
Hier sollten wir aus Frau Kohnens Sicht keinesfalls den Rahmen von zwei Jahren ausschöpfen, wir müssen schnellstmöglichst handeln.
Ihnen vielen Dank für Ihre Wünsche!
Mit besten Grüßen
i.A. Natascha Kohnen