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Natascha Kohnen
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Frage von Rosinea S. •

Frage an Natascha Kohnen von Rosinea S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Liebe Frau Kohnen,
warum hat die SPD nicht die Initiative von Herrn Söder und der CSU unterstützt, die Regierungszeit des bayerischen Ministerpräsidenten auf 2 Legislaturperioden zu begrenzen?
Das hätte Signalwirkung auch für andere Bundesländer und den Bund gehabt!

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau S.,

tatsächlich sieht auf den ersten Blick eine Amtszeitbegrenzung attraktiv aus - bei genauerem Hinsehen gibt es wichtige Gründe, warum die Opposition den durchsichtigen Vorschlag ablehnt.

Hier bilde ich Ihnen die Argumente der SPD-Fraktion ab:

1
Die CSU hat alle unsere Anträge zu mehr Demokratie abgeschmettert und war im Zuge der verfassungsändernden Beratungen auch nicht zu Verhandlungen bereit:

- kein Wahlalter 16

- keine Informationsfreiheitsgesetz, das Bürgern Auskunftsrechte gegenüber Behörden gesetzlich einräumt

- keine Absenkung der hohen Hürden beim Volksentscheid

- keine Erweiterung des Petitionsrechts

- keine Belebung des parlamentarischen Betriebs durch Ministerpräsidentenbefragung etc.

2
Eine Amtszeitbegrenzung ist nicht automatisch ein Mehr an Demokratie. Die Bürgerinnen und Bürger entscheiden in der Demokratie welche Partei sie wählen. Und damit auch, welchem Ministerpräsidentenkandidaten sie ihre Stimme geben. Eine Amtszeitbegrenzung heißt: Hier darf der Bürger NICHT entscheiden.

3
Der Gedanke der Amtszeitbegrenzung ist nicht konsequent. Was ist mit Parlamentariern? Ministern? Landräten? Bürgermeistern? Stadt- und Gemeinderäten?

4
Ob ein Ministerpräsident aus Sicht des Parlaments einen guten Job macht – oder nicht – ist nicht abhängig davon, ob er oder sie 39 oder 80 Jahre alt ist, oder seit 8 oder 12 Jahren im Amt. Er oder sie arbeitet gut – dann darf und soll er oder sie bleiben. Er oder sie arbeitet schlecht – dann nicht. Nicht weil es das Gesetz so will. Sondern die Demokratie: das Parlament.

5
Die historische Erfahrung zeigt: Bayern verabschiedet seine Ministerpräsidenten durchaus konsequent. Nur Goppel und Stoiber waren etwas länger im Amt als 10 Jahre.

6
Anders als im präsidentiellen System der USA oder Frankreichs wählen die BürgerInnen Bayerns den Regierungschef nicht direkt. Das macht das Parlament. Im parlamentarischen System hat der Regent eine deutlich schwächere Position als in den USA. Das ist gut so. Die Amtszeitbegrenzung in der parlamentarischen Demokratie erfolgt durch Wahlen.

7
Neben den USA scheint Mexiko das einzige Land auf der Welt zu sein, das eine Amtszeitbegrenzung bei Parlamentariern kennt. Dort ist in der Verfassung geregelt, dass Abgeordnete nach nur einer Wahlperiode aus dem Parlament ausscheiden müssen. Auch der Präsident darf nur eine Wahlperiode im Amt bleiben. Diese radikale Form der Amtszeitbegrenzung hat im Übrigen nicht verhindern können, dass gerade Mexiko mit der jahrzehntelangen Herrschaft einer Partei – der PRI – lange Zeit als ein Musterbeispiel für politische Erstarrung und Korruption galt (und gilt). (Quelle: Mehr Demokratie e.V.)

8
Nach dem Gesetzentwurf der CSU kann ein MP übrigens im längsten Fall 14 Jahre und 11 Monate im Amt sein. Denn es geht nicht um 10 Jahre und Schluss. Sondern um die Möglichkeit zweier Wiederwahlen.

9
Ist eine Wiederwahl ausgeschlossen, so nimmt auch die Rechenschaftspflicht des MP gegenüber Parlament und Bevölkerung ab. Die Macht der Ministerialbürokratie („Verwaltung“) wird so im Übrigen größer.

Mit freundlichen Grüßen
i.A. Natascha Kohnen

Ingrid Pflug
wiss. Mitarbeiterin