Frage an Najib Karim von Ralf L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Karim,
den Wert einer Gesellschaft erkennt man ja bekanntlich daran, wie sie mit den ´Schwachen´ umgeht. Dazu zähle ich auch unsere Tiere.
1. Was werden Sie konkret unternehmen, um Tierversuche grundsätzlich
abzuschaffen bzw. zeitnah zumindest deutlich einzuschränken?
2. Tierversuche, obwohl größtenteils durch Steuergelder finanziert, finden unter strengster Geheimhaltung statt.
Was werden Sie unternehmen, um Transparenz zu schaffen, so dass jeder Bürger (unter Wahrung des Datenschutzes) Einblick in die in Deutschland durchgeführten Tierversuche erhält?
3. Die Zahl der in Tierversuchen verwendeten Tiere nimmt von Jahr zu Jahr dramatisch zu, was unvereinbar ist mit dem Staatsziel Tierschutz und zugleich eine Steuergeldverschwendung darstellt.
Werden Sie - über die auf Bundesebene bestehende unzureichende Förderung hinaus - tierversuchsfreie Methoden fördern und den Ausstieg aus Tierversuchen vorantreiben, beispielsweise durch eine verpflichtende, prioritäre Verwendung von Steuermitteln (u.a. DFG-Mittel) für tierversuchsfreie Projekte, anstatt wie bisher weitgehend für
Tierversuche?
4. Das neue Tierschutzgesetz und die Tierversuchsverordnung bleiben in einigen Bereichen hinter der Intention der EU-Richtlinie zurück, welche u.a. ein Verbot von Versuchen an Menschenaffen und eine Einschränkung von Experimenten an Primaten sowie die Einführung einer Schmerz-Leidens-Obergrenze vorsieht.
Werden Sie sich für eine zeitnahe, erneute Novellierung des Tierschutzgesetzes und der Tierversuchsverordnung einsetzen, um mindestens den Vorgaben der EU gerecht zu werden oder darüber hinaus rechtliche Verbesserungen zu verankern?
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Lange
Sehr geehrter Herr Lange,
im Rahmen meines Studiums erwarb ich den Tierversuchskundenachweis und kenne daher sowohl die Qualen der Tiere als auch die hohen rechtlichen Anforderungen zur Durchführung von Tierversuchen.
1. Im Laufe meiner wissenschaftlichen Tätigkeit habe ich selber an der Herstellung von menschlichen Organersatzsystemen gearbeitet, die Tierversuche überflüssig machen sollten. Insbesondere Leberersatzsysteme sind wichtige Modelle für den Stoffwechsel von Medikamenten im menschlichen Körper und teilweise besser geeignet als Tiermodelle.
Allerdings lassen sich nach jetzigem Forschungsstand nicht alle Tierversuche ersetzen und bleiben nötig, um den medizinischen Fortschritt zu sichern und Patientensicherheit zu gewährleisten.
Eine Einschränkung von Tierversuchen ist am besten zu erreichen, indem man mehr Forschung im Bereich der Organ- und Gewebemodelle betreibt und hierfür entsprechende Finanzmittel zur Verfügung stellt. Allerdings werden sich Tierversuche nie vollständig ersetzen lassen, es kann nur um eine Reduzierung der Tierversuche gehen. Sowohl der Bund als auch die EU haben Schwerpunktfinanzierungen für alternative Methoden für Tierversuchen zur Verfügung gestellt.
Vorstellungen, dass Tierversuche sich durch Computersimulationen ersetzen ließen sind reines Blendwerk und werden leider auch von einigen Wissenschaftlern propagiert, die es eigentlich besser wissen müssten.
2. Ich kann dieser Aussage nicht folgen. Tierversuche benötigen der Begründung und/oder der Anzeige. Ethikkommissionen und Gutachterkommissionen haben Einblick in die geplanten Tierversuche bevor diese durchgeführt werden. Firmen, die bestimmte medizinische Produkte entwickeln wollen, sind gesetzlich zu bestimmten Tierversuchen verpflichtet, die entsprechend zu dokumentieren sind. Der Sinn einer allen Bürgern öffentlich zugänglichen Datenbank für Tierversuche erschließt sich mir nicht, insbesondere wenn der Datenschutz dabei gewahrt werden soll.
3. Ich werde mich für eine finanzielle Förderung tierversuchsfreier Methoden einsetzen, jedoch keine Verpflichtung zur Nutzung von DFG-Fördermitteln für bestimmte Methoden fordern. Dies wäre ein gravierender Eingriff in die Forschungsfreiheit. Stattdessen ist zu begründen, weshalb man kein alternatives Verfahren, sondern einen Tierversuch verwendet. Wenn die Gutachter den Argumenten im Einzelfall folgen können, so ist eine Ausgabe für Tierversuche gerechtfertigt. Ich halte diese Regelung sinnvoller als gesetzliche Verbote.
4. Nein. Die Alternative, die wir bereits beobachten können ist, dass immer mehr Tierversuche in Europa und in den USA verboten werden, die aber nur unzulänglich durch alternative Methoden ersetzt sind, insbesondere bei komplexen pharmakologischen Untersuchungen. Die Defizite dürfen dann Menschen in der Dritten Welt ausbaden, die in den erfoderlichen klinischen Studien billige Versuchskaninchen sind. Die Schwächsten in dieser Welt sind nämlich nicht unsere Tiere, die durch unser Staatsziel geschützt sind, sondern die Menschen vieler Länder, die keinen Schutz und keine Menschenrechte genießen. Den meisten Patienten und Tierschützern ist dies egal, mir nicht.
Beste Grüße
Najib Karim