Frage an Nadine Schön von Christoph K. bezüglich Politisches Leben, Parteien
Sehr geehrte Frau Schön,
begeistert habe ich die 103 Experten-Vorschläge Ihrer Kampagne NEUSTAAT jetzt gelesen.
Glauben Sie, dass wir viele davon im nächsten Wahlprogramm der Union wieder finden werden?
Mein Problem mit den großen Volksparteien ist, dass deren Kandidaten (in der heute in vielen Bereichen stark gespaltenen Gesellschaft) inzwischen ein so breites Meinungsfeld abdecken, dass ich vielen Listenkandidaten (selbst aus meiner bevorzugten Partei) meine Stimme nie geben würde, weil deren Ansichten meinen deutlich entgegenlaufen. Andere, die ich gern unterstützen würde, tauchen in den Wahllisten leider auf hinteren Plätzen auf. Mir bleibt aber bisher nur ein Listenkreuz :(
Können Sie sich vorstellen, im Rahmen der Neuerfindung auch auf ein bürgernäheres Wahlrecht umzustellen. Das dem Wähler die Wahl lässt, WELCHE Listenkandidaten er im Parlament sehen möchte und welche NICHT?
Dank Internet (und TV-Talkshows mit allen prominenten Politikern und interessanten Kandidaten) sind die Wähler heutzutage politisch interessierter und besser informiert auch und gerade über Einzelpositionen (siehe FFF-Bewegung). Leider überlässt unser Bundestagswahlrecht immer noch den Parteien und nicht den Bürger die Auswahl geeigneter Kandidaten. Das Kommunalwahlrecht ist da vielerorts schon viel bürgernäher (Stichwort: Panaschieren).
Ihre Meinung dazu würde mich sehr interessieren!
Wollen Sie auch Ihren Parlamentskollegen zum Stichwort Digitalisierung und Bürgernähe einmal dieses Forum nahelegen?
Ich bin sehr enttäuscht, dass viele Mandatsträger alle Bürgeranfragen auf dieser Plattform noch arrogant ignorieren und sich um eine öffentliche Stellungnahme drücken ...
Das kann man sich nur mit einem sicheren Listenplatz erlauben!
Lieber Herr K.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Es freut mich sehr, dass Sie Gefallen an "Neustaat" gefunden haben. Nachdem das Buch sehr positive Resonanz erfahren hat, ist unser Ziel, möglichst viele der Vorschläge in nachhaltige politische Ergebnisse umzuwandeln. Die Platzierung im Wahlprogramm der Union für die nächste Bundestagswahl ist dabei ein vielversprechender Weg, an dem wir arbeiten.
Zu Ihren Anmerkungen zum Bundestagswahlrecht: Grundsätzlich unterstütze ich das Anliegen, Wahlen so bürgernah wie möglich zu gestalten. Aus diesem Grund gibt es 299 Direktkandidaten im Bundestag, die meist sehr eng in ihren Regionen verankert sind und die spezifischen Bedürfnisse ihrer Region im Auge haben. Mit der Erststimme kann der Wähler somit sehr bürgernahe Akzente setzen und inhaltliche Aspekte seiner Wahl in den Vordergrund rücken.
Die Einführung von zusätzlichem Panaschieren halte ich nicht für sinnvoll. Das deutsche Wahlrecht mit Erst- und Zweitstimme ist hinreichend komplex. Vielen ist beispielsweise nach wie vor unklar, dass die Zweitstimme ausschlaggebend für die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag ist. Auch die Auszählung und Mandatszuweisung inklusive Ausgleichs- und Überhangmandaten stellt bereits eine Herausforderung dar, die sich durch eine zusätzliche Komplexität beim Wahlvorgang vergrößern könnte.
Herzliche Grüße
Nadine Schön