Frage an Nadine Schön von Thomas S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Guten Tag Frau Schön,
Die Bundesregierung hat in 2019 das Projekt „Neustart im Team“ (NesT) gestartet.
„Neustart im Team“ (NesT) ist ein zusätzliches Aufnahmeprogramm der Bundesregierung für 500 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge, die sich in Erstzufluchtsstaaten aufhalten. Im Rahmen der Pilotphase wählt UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge) diese Personen in den Staaten Ägypten, Jordanien, Libanon und Äthiopien aus.
Die Aufnahme ist an die Unterstützung durch eine Mentor(innen)gruppe vor Ort gebunden. D.h. indem sich einzelne Menschen oder Organisationen zu einer Gruppe zusammenschließen, können sie Flüchtlinge aufnehmen. Mindestens fünf Personen bilden eine Mentoring-Gruppe. (...)
Die Verpflichtungen sind für die Mentorinnen und Mentoren zeitlich begrenzt und von vornherein kalkulierbar. Sie suchen eine geeignete Wohnung und finanzieren die Kaltmiete für zwei Jahre. Außerdem unterstützen sie die Schutzbedürftigen ein Jahr lang ideell auf ihrem Weg zur gesellschaftlichen Teilhabe."
https://www.neustartimteam.de/
Frage 1:
Wie bewerten Sie das Projekt "NesT"?
Laut aktuellen Recherchen der Zeitschrift Stern sollen Mitarbeiter des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR gegen Geldzahlungen falsche Papiere ausgestellt haben, mit denen zahlungswilligen Afrikaner ein Platz auf den begehrten Listen des "Resettlement"-Programms ermöglicht wurde, das eigentlich besonders schutzwürdigen Flüchtlingen eine sichere Zukunft (unter anderem In Deutschland) ermöglichen soll.
https://www.n-tv.de/politik/Mitarbeiter-verkauften-wohl-falsche-Papiere-article21497933.html
Frage 2:
Wie gehen Sie als Abgeordnete mit den verlinkten Korruptionsvorwürfen um?
Frage 3:
Werden Sie sich bezogen auf die verlinkten Korruptionsvorwürfe für eine stringente Aufklärung einsetzen?
Frage 4:
Sollten sich diese Korruptionsvorwürfe bestätigen, welche Konsequenzen halten Sie für die deutsche Politik als angebracht?
Viele Grüße, T. S.
Sehr geehrter Herr Schüller,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Projekt "Neustart im Team" (NesT). Gerne antworte ich - so wie viele meiner Kolleg/innen, denen Sie ebenfalls diese Fragen gestellt haben - und stelle meinen Standpunkt dar.
Weltweit sind ca. 70 Millionen Menschen auf der Flucht. Knapp 26 Millionen davon sind Flüchtlinge, die aufgrund von Krieg, Vertreibung oder Verfolgung nicht länger in ihrem Heimatland bleiben können. Die meisten Flüchtlinge können in den Nachbarländern ihrer ursprünglichen Heimat bleiben. Manchmal ist aber auch das nicht möglich, u.a. weil die Länder an Kapazitätsgrenzen stoßen, und es müssen andere Lösungen gefunden werden, beispielsweise ein Resettlement. Dabei werden vom UNHCR anerkannte Flüchtlinge durch Programme wie beispielsweise das NesT-Programm von anderen Staaten aufgenommen.
Was die Auswahl der Personen für ein solches Resettlement oder konkret das Projekt NesT angeht, so gibt es laut UNHCR ein "standardisiertes, individuelles Auswahlverfahren, bei dem anerkannte Flüchtlinge anhand feststehender humanitärer Kriterien ausgewählt werden. Im Rahmen der bestehenden Resettlement-Programme schlägt UNHCR anhand feststehender Kriterien diese Personen Ländern zur Aufnahme vor. Für die in Frage kommenden Flüchtlinge führt UNHCR ein aufwändiges Auswahlverfahren durch. Im Anschluss werden die Flüchtlinge durch die Behörden des Aufnahmestaates befragt und es wird eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt." (vgl. https://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/resettlement-und-humanitaere-aufnahme). Das bedeutet, dass nicht alle, die vom UNHCR vorgeschlagen werden, auch aufgenommen werden, sondern am Ende steht nochmal eine Überprüfung durch das in Deutschland zuständige BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge), die dann erst über die Aufnahme entscheidet.
Das Projekt NesT an sich begrüße ich, da ganz vielen besonders schutzbedürftige Menschen so an einen sicheren Ort gebracht werden können, wo sie nicht mehr tagtäglich um ihr Leben bangen müssen. Das Besondere an dem Projekt ist, dass es als gemeinsames Projekt von Staat und Zivilgesellschaft angelegt ist, d.h. die Schutzbedürftigen werden von Mentor/innen betreut, die Unterstützung und direkte Hilfe leisten. So wird eine gelingende Integration in die Gesellschaft erleichtert.
Was die Korruptionsvorwürfe in dem von Ihnen verlinkten Artikel angehen, so sollte man den Hinweisen mit aller Konsequenz nachgehen. Es gibt hohe Hürden für die Auswahl und das Verfahren ist auch so angelegt, dass es transparent sein soll. Sollten sich die Vorwürfe dennoch als richtig erweisen, muss in Zukunft noch genauer hingeschaut werden und die Kontrollen verschärft werden. Nach meiner Informationslage sind die zuständigen Ministerien allerdings bereits darüber in Kenntnis gesetzt und es wird an der Aufklärung der Fälle gearbeitet.
Viele Grüße
Nadine Schön