Frage an Nadine Schön von Arndt W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Schön, MdB!
Mit Interesse habe ich mir einen Artikel über Betül Ulusoy durchgelesen, die als Kopftuchjuristin bundesweit Schlagzeilen gemacht. Noch erstaunter war ich, als lesen musste, dass die Dame gerade aus der Jungen Union Neukölln nach einem fragwürdigen Post zu Erdogans Säuberungen fliegen sollte. Ich habe daraufhin auch noch nach der Dame gegoogelt und musste sehen, dass sie neben einem Facbookaccount und einem Blog auch noch zig Kopftuchfotos von sich im Internet hat. Mir zeigt dieser Fall, dass die CDU noch nicht einmal in ihrer eigenen Partei für Integration sorgen kann.
Wie stellen Sie sich eigentlich Integration vor, wenn sich die Mitglieder ihrer eigenen Partei das Recht auf das Tragen des Kopftuches auch noch gerichtlich erstreiken? Der Fall zeigt doch, wohin es letztlich führt.
Mit freundlichen Grüßen
Arndt Wiesner
Sehr geehrter Herr Wiesner,
vielen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie einerseits auf das Ausschlussverfahren gegen Frau Ulusoy aus der Jungen Union Neukölln und anderseits auf das Tragen eines Kopftuchs eingehen. Ich möchte beide Themen getrennt voneinander beantworten und vorab betonen, dass ich Ihre Verallgemeinerung völlig unzulässig und inakzeptabel finde. Ich halte es generell für unseriös und auch unredlich, einen konkreten Einzelfall zur Beurteilung einer gesamten Partei und deren Mitglieder heranzuziehen.
Die Beantragung des Ausschlussverfahrens von Frau Ulusoy aus der Jungen Union erfolgte, da ihre Äußerungen und die Wortwahl, die sie sich nach dem gescheiterten Umsturzversuch in der Türkei zu eigen gemacht hat, nicht den Grundsätzen einer demokratischen Partei entsprechen. Die genaue Begründung können Sie auf der Seite der JU Neukölln nachlesen: http://www.ju-neukoelln.de/lokal_1_1_73_Ausschlussverfahren-gegen-Betuel-Ulusoy.html.
Im Hinblick auf das Tragen eines Kopftuches gilt das Grundgesetz. Egal, ob man es persönlich gut oder befremdlich findet, greift Artikel 4 GG, der die Freiheit des Glaubens und der Religionsausübung garantiert und somit auch das Recht des Einzelnen, gemäß seiner Glaubensüberzeugung zu handeln, verfassungsrechtlich schützt. Das Tragen des Kopftuchs ist - zumindest in diesem konkreten Fall - eine persönliche und bewusste Entscheidung, die Frau Ulusoy für sich aus Überzeugung getroffen hat. Genauso persönlich ist die Entscheidung, Bilder von sich im Internet zu veröffentlichen. Ich kann nicht erkennen, dass sie dadurch die Rechte anderer verletzt. Abschließend will ich darauf hinweisen, dass es im vorliegenden Fall nicht um Vollverschleierung geht.
Die CDU als Volkspartei bündelt vielfältige Interessen und steht daher auf einer breiten gesellschaftlichen Basis. Somit ist sie die politische Heimat von Wählern und Mitgliedern vieler gesellschaftlicher Schichten und unterschiedlicher Weltanschauungen. Gerade das unterscheidet uns von einer Klientelpartei: wir haben alle bei uns lebenden Menschen im Blick. Vor diesem Hintergrund halte ich es nicht für abwegig, dass sich auch Menschen anderen Glaubens oder mit Migrationshintergrund in unserer Partei verortet fühlen. Jeder, der sich zu unseren Werten bekennt und unsere Zukunft mitgestalten will, ist in der Union herzlich willkommen! Denn Politik lebt vom Mitmachen.
Ich hoffe, Ihre Fragen hiermit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Nadine Schön MdB