Frage an Nadine Schön von Paul M. bezüglich Gesundheit
Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung
Sehr geehrte Frau Schön,
warum hat die Mehrheit der CDU (wie auch Sie) heute für eine Kriminalisierung der Sterbehilfe gestimmt?
Ich werte das als eine Entmündigung des Bürgers.
Nicht jeder kann im Fall der Fälle sich selbst töten. Nicht jeder kann ins Ausland fahren. Es ist doch besser, einen fähigen Arzt zu konsultieren anstatt auf Laienhilfe angewiesen zu sein, oder? Mein Tod gehört mir. Notfalls soll mir eine ausgebildete Person dabei helfen dürfen. Natürlich nach gründlicher Prüfung.
Ich bitte Sie hiermit, sich für eine Rücknahme der Entscheidung stark zu machen. Wir brauchen ähnliche Regelungen wie in der Schweiz.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Maier
Sehr geehrter Herr Maier,
ich bitte um Nachsicht, dass ich Ihre Anfrage bisher nicht beantwortet habe. Gleichzeitig möchte ich jedoch betonen, dass ich Ihre Auffassung nicht teile.
Meine Kollegen und ich haben uns die Entscheidung über eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe nicht leicht gemacht, sondern lange und intensiv darüber diskutiert. Die Frage, wie sich das Lebensende würdig und ohne Leiden gestalten lässt, beschäftigt jeden Einzelnen. Der von mir unterstützte und letztlich beschlossene Gesetzentwurf verbietet die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung und stellt diese unter Strafe. Ich bin der Meinung, dass damit derjenige Entwurf verabschiedet wurde, der den Bedürfnissen aller Beteiligten am ehesten gerecht wird. Entscheidend ist, schwerkranken Patienten, deren Angehörigen, aber auch Ärzten und Menschen, die in der Palliativ- und Hospizarbeit tätig sind, möglichst gerecht zu werden und diese würdig zu behandeln. Das Lebensende darf daher nicht von Vereinen organisiert oder zum Geschäftsmodell gemacht werden.
Insofern ist Ihre grundlegende Aussage hinsichtlich der Kriminalisierung der Sterbehilfe aus meiner Sicht nicht zutreffend. Vielmehr bleibt es bei der grundsätzlichen Straffreiheit der Beihilfe zum Suizid für Angehörige und für Ärzte, die totkranke Menschen pflegen und behandeln. Diese werden auch zukünftig nicht ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Strafbewehrt sind lediglich gezielt zum Tod führende Handlungen, die auf Wiederholung angelegt sind. Die Sterbehilfe muss also zu einer Art Geschäftsmodell werden.
Viele Experten haben uns im Vorfeld in zahlreichen Gesprächen sowie im Rahmen einer öffentlichen Anhörung versichert, dass dies auf Ärzte und Angehörige, die das Leiden totkranker Patienten lindern, nicht zutrifft. Ärzte, die in dieser Grenzsituation Patienten helfen, werden gerade nicht kriminalisiert, da die Betreuung dieser Patienten durch Ärzte gerade nicht darauf angelegt ist, zum Tod zu führen. Mir ist es wichtig zu betonen, „dass es Aufgabe von Ärzten ist, Hilfe beim Sterben zu leisten, aber nicht Hilfe zum Sterben“. Diese Differenzierung hat übrigens auch die Bundesärztekammer im Vorfeld klargestellt. So bleibt auch eine eventuell lebensverkürzende Schmerztherapie weiterhin straffrei. Entscheidender Aspekt ist, dass das Lebensende - wie oben erwähnt - nicht von Vereinen organisiert und zu einem Geschäft gemacht werden darf. Und das finde ich auch gut und richtig!
Abschließend weise ich darauf hin, dass wir Anfang November letzten Jahres ebenso beschlossen haben, die Palliativ- und Hospizversorgung auszubauen und zu stärken, indem wir sowohl für die stationäre wie auch die ambulante Hospizarbeit bessere Fördermöglichkeiten eröffnet haben. Die Würde Schwerstkranker und Sterbender zu achten ist eine herausragend wichtige Aufgabe einer menschlichen Gesellschaft. Schwerkranke Menschen in der letzten Lebensphase brauchen die Gewissheit, nicht allein zu sein und gut versorgt zu werden. Besagtes Gesetz ist ein entscheidender und wichtiger Schritt, dass jeder Mensch an seinem Lebensende die Hilfe und Unterstützung bekommt, die er benötigt. Ein Geschäft mit dem Tod widerspricht jedoch meiner persönlichen Vorstellung eines würdigen Lebens und Sterbens - ohne Wenn und Aber.
Mit freundlichen Grüßen
Nadine Schön MdB