Frage an Nadine Schön von Patrik B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Schön,
wie stehen Sie und Ihre Partei zu den im Zuge der TTIP-Verhandlungen geforderten Investorenschutzklauseln mit der Anrufung von privaten geheimen Schiedsgerichten ,die eine außerdemokratische Rechtsprechung bedeuten und meiner Meinung nach einen eklatanten Angriff auf unsere Bürgerrechte und somit auf unsere Demokratie bedeuten?Werden Sie das CETA -Abkommen mit Kanada ,das dies schon so beinhaltet, und das TTIP -Abkommen mit diesen Vorgaben ratifizieren oder lehnen Sie dies ab?
Sehr geehrter Herr Baltes,
Sie sprechen ein aktuell sehr divers diskutiertes Thema an. Die Europäische Kommission hat die Bedenken in der europäischen Öffentlichkeit gegen ein Investitionsschutzkapitel mit Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) in TTIP aufgegriffen und eine dreimonatige öffentliche Online-Konsultation (27. März bis zum 13. Juli 2014) durchgeführt. Die Verhandlungen zum Investitionsschutz wurden zunächst ausgesetzt.
Im ersten Quartal 2015 wird es weitere umfangreiche Konsultationen mit Vertretern des EU-Parlaments, der Mitgliedstaaten, von NGOs, aus der Wirtschaft sowie von Verbraucherschutz- und Umweltorganisationen geben. Im Anschluss an den Konsultationsprozess will die Kommission konkrete Vorschläge für den Investitionsschutz in TTIP entwickeln. Solange ist das Thema Investitionsschutz aus den Verhandlungen weiter ausgeschlossen.
Gemäß den Vorgaben im Verhandlungsmandat soll über die Einbeziehung von ISDS in TTIP erst nach Vorlage des Verhandlungsergebnisses und Evaluierung durch die Mitgliedstaaten entschieden werden.
Grundsätzlich ist der Investorenschutz ein wichtiges Thema, wie das nachfolgende Beispiel für ein Unternehmen aus dem Saarland verdeutlicht.
UNCITRAL: Saar Papier v. Polen (1994) – Schiedsspruch zugunsten des Investors
Rechtliche Grundlage: Germany-Poland Bilateral Investment Treaty
Sachverhalt
- Saar Papier, ein deutscher Produzent von Papierprodukten, erhielt vom polnischen Staat eine Lizenz, die dem Unternehmen erlaubte, eine Niederlassung in Polen aufzubauen. Ziel des Unternehmens war es, in Polen Papierprodukte aus importiertem Papier herzustellen.
- Im Jahr 1991 wurde in Polen plötzlich ein Verbot für den Import von Altpapier eingeführt, mit der Begründung, dass dieses „Abfall“ darstellte, welcher gemäß des polnischen Umweltschutzgesetzes nicht eingeführt werden dürfe.
- Saar Papier leitete daraufhin im Jahr 1994 ein Verfahren gegen Polen im Rahmen von UNCITRAL ein. Das Unternehmen sah sich durch Vorschrift effektiv enteignet, was seiner Auffassung nach gegen den bilateralen Investitionsvertrag zwischen Deutschland und Polen verstoße.
- Das Schiedsgericht befand, dass das polnische Importverbot tatsächlich einen Bruch des BIT darstellte. Polen wurde zu Kompensationszahlungen von 2,3 Millionen DM verpflichtet.
- Saar Papier initiierte daraufhin im Jahr 1996 ein zweites Verfahren, um weitere Kompensationszahlungen für einen anderen Zeitraum zu erlangen. In diesem Fall entschied das Tribunal jedoch zugunsten Polens.
Ich bin gespannt auf die Vorschläge der Kommission und werde mir dann über die konkreten vorgeschlagenen Regelungen meine Meinung bilden.
Mit freundlichen Grüßen
Nadine Schön MdB