Nadine Schön
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CDU
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Frage von Oliver L. •

Frage an Nadine Schön von Oliver L. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Schön,

mich würde interessieren, wieso sie für die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen gestimmt haben?
Meiner Meinung nach endet die Freiheit des Einzelnen (auch die Religionsfreiheit) dort, wo andere zu Schaden kommen. Bei einem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von Kindern ist dieser Sachverhalt meiner Meinung nach eindeutig gegeben.

Mit freundlichen grüßen

Oliver Laugszims

Nadine Schön
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Laugszims,

der 2012 verabschiedete Gesetzentwurf ist eine Reaktion auf das Urteil des Landgerichts Köln vom Mai, das die religiös begründete Beschneidung als rechtswidrige Körperverletzung gewertet hatte. Das Urteil hatte Juden und Muslime in Deutschland tief verunsichert.

Nach dem Gesetzentwurf wird im elterlichen Sorgerecht klargestellt, was bisher schon gilt: Eltern können in eine Beschneidung ihres Sohnes unter bestimmten Voraussetzungen einwilligen, auch wenn der Eingriff nicht medizinisch notwendig ist. Voraussetzung ist, dass die Eltern umfassend über die Risiken und Folgen einer Beschneidung aufgeklärt werden und dass der Eingriff nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt. Dazu gehört auch eine möglichst effektive Schmerzbehandlung. Die Eltern sind außerdem verpflichtet, den Willen des Sohnes in ihre Entscheidung einzubeziehen - und zwar umso mehr, je älter das Kind ist. Eine Beschneidung ist dann nicht erlaubt, wenn sie das Wohl des Kindes gefährden würde.

Mit dem Kölner Landgericht hatte erstmals ein deutsches Gericht die rituelle Beschneidung, die für Muslime und Juden von essenzieller religiöser Bedeutung ist, in Frage gestellt. In Deutschland war die Beschneidung bisher stets erlaubt. Nach dem Urteil fürchteten Juden und Muslime um die Zukunft ihres religiösen Lebens in Deutschland. Deshalb hatte sich der Bundestag schon am 19. Juli mit großer Mehrheit für eine gesetzliche Regelung ausgesprochen, die in verfassungskonformer Weise die Beschneidung von Jungen auch weiterhin zulässt. Mit dem Gesetzentwurf hatten sich der Zentralrat der Juden und muslimische Verbände zufrieden gezeigt, weil er für Rechtssicherheit sorge. Der Gesetzentwurf berücksichtigt, dass nach dem Grundgesetz die Erziehung von Kindern in erster Linie in der Verantwortung ihrer Eltern liegt. Eingriffe in das elterliche Erziehungsrecht sind nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gerechtfertigt, nämlich dann, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Die Beschneidung ist einer der weltweit am meisten vorgenommenen medizinischen Eingriffe. Sie gefährdet das Kindeswohl nach heutigem Wissensstand in der Regel nicht, wenn bestimmte Voraussetzungen greifen. Diese definiert das Gesetz für die Zukunft.

Eine der Voraussetzungen ist, dass in der Regel nur Ärzte den Eingriff vornehmen dürfen. Darüber hinaus dürfen auch Personen, die von Religionsgemeinschaften dafür vorgesehen werden, beispielsweise jüdische Mohalim, in den ersten sechs Lebensmonaten einen Jungen beschneiden. Sie müssen jedoch speziell ausgebildet und für den Eingriff so befähigt sein wie ein Arzt.

Mit dem Gesetzentwurf lag eine ethisch überzeugende und verfassungskonforme Antwort auf die Fragen vor, die das Urteil des Landgerichts Köln aufgeworfen hat und deshalb habe ich zugestimmt.

Ich hoffe, damit Ihre Frage beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Nadine Schön MdB

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